Der Botschafter des Großherzogtums Luxemburg in Athen, Herr Paul Steinmetz, war Gast in der Redaktion des GR_Aktuells. Der Chef der luxemburgischen Repräsentanz in Griechenland sprach unter anderem über die sehr guten Beziehungen zwischen Luxemburg und Griechenland, die ausbaufähig sind, sowie über die proeuropäische Haltung Luxemburgs in einer Zeit von großen Herausforderungen. Er hat das Engagement der griechischen Regierung für weitere Schritte nach vorn in europapolitischen Fragen gelobt, und die aktive Rolle Luxembourgs in der Flüchtlings- und Migrationsproblematik thematisiert. Des Weiteren hat er die luxemburgische Initiative im Bereich der digitalen Wirtschaft, der E-Governance und der Datenpolitik beschrieben, und das Interesse Luxemburgs an einer fruchtbaren künftigen Zusammenarbeit mit Griechenland betont, wo die Tech Szene sich ‘dynamisch und vielfältig’ entwickelt. Er hat die Entwicklungen im Bereich von Satelliten und ‘Space Mining’ in Luxemburg erwähnt, wobei Athen mitspielen könnte. Botschafter Steinmetz freut sich sehr auf die Kulturhauptstadt Eleusis und unterstreicht die engen kulturellen Beziehungen zwischen Griechen und Luxemburger als Basis der Zugehörigkeit der europäischen Bürger zu einem gemeinsamen Kulturraum.

(Foto: Die Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg)

 

Hier das Interview:

 

Exzellenz, Sie sind seit 2017 der Botschafter des Großherzogtums Luxemburg in Athen. Wie erleben Sie das Land und die Leute? Wie schätzen Sie die heutigen bilateralen Beziehungen zwischen Luxemburg und Griechenland?

Land und Leute gefallen mir sehr.  Ich war vorher schon in Indien, Japan und China auf Posten, und dieser erste europäische Auslandsposten so nahe am historischen und philosophischen Herzen Europas ist natürlich perfekt. Meine zwei jungen Kinder können hier bestens in die europäische Denkweise eingeführt werden.

Unsere bilateralen Beziehungen sind sehr gut, aber natürlich ausbaufähig. Wir verstanden uns immer bestens mit den Regierungen in Athen. In europapolitischen Fragen zeigt die griechische Regierung Engagement für weitere Schritte nach vorn. Wir ziehen an einem Strang. Seit dem Anfang der Wirtschaftskrise in 2008 sind wir bemüht, die Anforderungen an Griechenland zu begrenzen und die Bevölkerung nicht zu überfordern.  Mit dem Ende der Reform Programme sollten wir uns jetzt entschiedener mit dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen beschäftigen, den menschlichen und kulturellen Austausch fördern und gemeinsam an einem besseren Europa arbeiten.

Luxemburg hat mehrfach seine Solidarität an Griechenland im Bereich der EU- Flüchtlingspolitik bewiesen. Um genauer zu sein, hat Luxemburg, als erster EU Mitgliedsstaat, seine im 2015 vereinbarte Pflicht laut dem EU Umverteilungsmechanismus erfüllt, indem es 557 Schutzsuchende aus Griechenland und Italien aufgenommen hat. Wie schätzen Sie es, im Rahmen der aktuellen Zustände in der EU im Bereich Flüchtlings- und Asylpolitik?

Während der Luxemburger EU Präsidentschaft im Jahr 2015 wurden wir unmittelbar mit den massiven Flüchtlingsströmen konfrontiert. Die Idee zur gerechten Verteilung der Migranten, als Ausdruck von EU Solidarität, stammt aus unserer Feder. Wir sind betrübt, dass manche Mitgliedstaaten nicht mitmachen wollten und es auch jetzt nicht tun. Aus unserer Sicht ist eine umfassende und stabile Neuausrichtung nicht möglich, so lange wir uns hinter nationalen Grenzen verschanzen. Unser Land empfängt jährlich um die 2205 (2018) und bis zu 2447 (2015) Asylbewerber: verglichen mit unser Bevölkerung eine stattliche Zahl, auch wenn Griechenland ganz sicher stärker betroffen ist. Luxemburg erkennt die Leistung dieser Regierung an. Aber ohne neues Dublin Abkommen ist der Zustrom von Schutzsuchenden auf längere Sicht nicht mehr zu bewältigen.

Luxemburg investiert systematisch im Bereich der digitalen Wirtschaft mit Initiativen wie ‘DigitalLuxembourg’ und setzt viel auf Innovation, E-Governance und Datenpolitik. Sehen Sie vielleicht die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen Griechenland und Luxemburg in diesen Bereichen?

Wir sind beeindruckt darüber, wie dynamisch und vielfältig die Tech Szene in Griechenland daherkommt. Die Begründer unseres Inkubators suchen deshalb auch aktiv nach Partnern in Ihrem Land. Es gibt hauptsächlich drei Initiativen in Luxemburg: das Lhoft (Luxembourg House of Financial Technology), der Lux Future Lab und der Luxembourg City Incubator. Im Lhoft zählen wir schon 47 fintech startups und es wurden MOUs mit mehreren asiatischen Partnern unterschrieben. Auch der Lux Future Lab arbeitet engstens mit dem Finanzsektor: 70 start ups sind schon entstanden und von denen haben sich 45 selbständig gemacht.  Der LCI  ist der neueste: er hat ein Zuhause im neuen House of start ups gefunden, eine Kooperation zwischen der Stadt Luxemburg und der Wirtschaftskammer. 35 start ups haben da angefangen.  Als Botschaft arbeiten wir daran, Informationen und Kontakte zu sammeln. Im Bereich Datenpolitik entwickeln wir in Luxemburg Datenzentren (Google hat soeben 33ha erworben zwecks Einrichtung eines Datenzenters) und Initiativen wie der der sogenannten „E-Embassies“: Estland z.B. hat sich in Luxemburg ein back up eingerichtet. Wir bieten anderen Ländern ähnliche Lösungen. Letzlich stechen wir auch im Satellitenbereich hervor, mit dem LuxGovSat, ein neues Instrument für EU Länder, die Wert auf sichere Kommunikation bei niedrigem finanziellen Einsatz legen.

Luxemburg gilt als EU Vorreiter sowohl im Bereich der Verwendung von Satelliten als auch im Bereich der Erforschung des Weltraums und der Entwicklung der Rohstoffgewinnung aus Asteroiden. Inwiefern könnten Luxemburg und Griechenland zusammenarbeiten, um gemeinsamen Aktivitäten im Bereich Weltraum künftig zu fördern?

Durch verschiedene Initiativen hat sich Luxemburg in der europäischen Medienszene einen Namen gemacht, angefangen mit RTL als Privatsender und dann der privaten Satellitenflotte von Astra SES. Wir verfolgen diese Route jetzt weiter mit dem Space Mining. Mit vielen Ländern, so Belgien, Japan und China haben wir schon Kooperationsverträge abgeschlossen. Das könnten wir uns auch mit Griechenland überlegen. Um die 50 junge Betriebe aus dem Weltall-Bereich haben sich schon bei uns niedergelassen und die Zahl der Interessenten wächst weiter. Um die 150 Anfragen liegen zur Zeit auf dem Tisch des Wirtschaftsministers. Griechische Firmen und Entwickler sind natürlich herzlich willkommen.

Was halten Sie von der Kooperation zwischen dem Verein ‘Les Amis de la Grèce au Luxembourg’ et dem Verein ‘Les Amis du Luxembourg en Crète’ im Bereich Kultur und Sprache? Wie könnte, Ihrer Meinung nach, die Initiative der ‘Kulturhauptstädte Europas’ (wobei die griechische Stadt Eleusis ‚Elefsis 2021‘ den Staffelstab an die luxemburgische Stadt Esch-sur-Alzette ‚Esch 2022‘ übergibt) zur weiteren Annäherung zwischen den beiden Völkern beitragen?

Ich freue mich sehr auf die Kulturhauptstadt Eleusis und hatte schon eine erste Begegnung mit den Organisatoren. Erste Aufgabe der Botschaft ist es, die Experten beider Länder zusammenzuführen: die wissen am besten, was zu tun ist. Die ursprüngliche Motivation des Kulturhauptstädte Projekts, das 1985 auf Initiative der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri begonnen wurde, ist jedenfalls sehr aktuell, nämlich die Bürger der EU zusammenzubringen, besonders in Zeiten aufkommenden Nationalismus.

Die Vereinigung „Freunde von Luxemburg auf Kreta“ wurde viel später gegründet (2002). Sie ist Ergebnis und Institutionalisierung der Freundschaft und der vielen Beziehungen, die zwischen den Bürgern von Heraklion, Kreta und Luxemburg im Bereich der Lehrer und Studenten entwickelt wurden – hauptsächlich in der Sekundarstufe.

Bis jetzt wurden mehr als sieben Klassenaustausche zwischen ‚Les Amis de la Grèce au Luxembourg‘ und der Vereinigung ‚Les Amis du Luxembourg en Crète‘ organisiert. Der letzte fand im April 2018 statt, als eine Gruppe griechischer Studenten fünf Tage in Luxemburg-Stadt verbrachte, und anschliessend eine Gruppe luxemburgischer Studenten einige Tage auf Kreta weilte. Ich hatte das Glück, sie da zu begrüssen und gemeinsam Phaestos zu besuchen. 

Wir beabsichtigen, das Gefühl der Zugehörigkeit der europäischen Bürger zu einem gemeinsamen Kulturraum zu stärken.

In einer Zeit von erheblichen Herausforderungen, wie schätzt Luxemburg, Ihrer Meinung nach, den weiteren Verlauf der europäischen Integration ein?

Als Gründungsmitglied sind wir seit jeher europhil und wir sind es auch geblieben. Euroskeptiker gibt es sehr wenige bei uns. Als kleineres Land sind wir der festen Uberzeugung, dass in dem neuen globalen Umfeld die Europäer nur als gemein agierende und solidarische Gruppe ein gewisses Gewicht behalten werden. Der Brexit ist eine schlechte Nachricht, die Bestrebungen einiger Mitgliedstaaten, die Solidarität als sekundär zu betrachten, auch. Wir möchten auch weiter daran arbeiten, die Integration voran zu führen.

Letztendlich, eine etwa persönlichere Frage, wenn Sie erlauben: Planen Sie Ihren diesjährigen Ferien auf die griechische Insel zu verbringen?

Letztes Jahr verbrachten wir mehrere Wochen in Paros und Antiparos, sowie einige Tage in  Andros, Kea sowie Naxos und Syros. Dieses Jahr überlegen wir uns, wie wir Sifnos und Serifos am besten, womöglich in der Nachsaison, erleben können. 

 

Das Interview führte Chrysoula Archontaki.