Die Athener Stadtmitte wird durch ein Ensemble von drei Gebäuden gekennzeichnet, die das Bild der Stadtmitte erheblich prägen. Es handelt sich um die alte Kapodistrias-Universität, die Athener Akademie und die Nationalbibliothek, die alle kurz nach der Befreiung Griechenlands aus dem osmanischen Joch gegründet wurden. Die drei klassizistischen Gebäude entlang der zentralen Panepistimiou Straße, welche die zwei bedeutenden Plätze, den Omonia-Platz und den Syntagma-Platz, verbindet, bilden, laut einem der Architekten, dem Dänen Theophil Hansen, eine „Trilogie“. Nikos Vatopoulos, Journalist und Kenner der urbanen Geschichte von Athen, sagt dazu: „Für die Griechen ist die Trilogie von ganz speziellem Wert, denn die drei Bauwerke strahlen eine Pracht aus, die sich durch das Maß der griechischen Harmonie und jener allgemeingültigen Übereinkunft zurücknimmt, dass Übertreibungen sich den Ansprüchen der Schönheit zu unterwerfen haben“.
Zunächst wurde die Universität gebaut, da das Bedürfnis nach Bildung in jener anfänglichen Zeit nach der Erhebung von 1821 groß war. Zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Ersten Londoner Protokolls am 22. März 1829, womit Griechenland zu einem souveränen Land wurde, hatte der erste griechische König Otto mit der Errichtung der Athener Universität begonnen, die nach dem Namen des ersten Gouverneurs Ioannis Kapodistrias „Nationale und Kapodistrias Universität“ Athens genannt wurde. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1839. Das klassizistische Gebäude, ebenfalls wie die Gebäude der Akademie und der Nationalbibliothek, lehnen sich an Vorbilder aus der griechischen Antike, Fresken und Friese sind aus pentelischem Marmor und weisen eine harmonische Farbigkeit auf. Die Architekten waren die dänischen Brüder Hans Christian und Theophil Hansen.
Die Kapodistrias Universität hat es neulich in einer internationalen Gesamtbewertung unter die ersten zweihundert Universitäten weltweit geschafft. Im „Webometrics Ranking of World Universities“ hat zum ersten Mal die älteste griechische Universität den 180. Platz bekommen. Heute ist die Athener Kapodistrias-Universität eine moderne Universität, die auch englischsprachige Kurse anbietet. Giannis Chryssoulakis, der das Generalsekretariat für öffentliche Diplomatie und Auslandsgriechen im griechischen Auswärtigen Amt leitet, äußerte sich dazu in einem Interview: „Eine weitere Initiative bezieht sich auf das Universitätsstudium in englischsprachigen Fakultäten an griechischen Universitäten. Das Programm heißt „Study In Greece“ und beinhaltet eine Reihe von Veranstaltungen − nicht nur informativen Charakters, um die ausländischen Studenten bezüglich der Vorzüge eines Studiums an einer Griechischen Universität zu überzeugen. Dies ist ein besonderer Aufgabenbereich für die öffentliche Diplomatie, da die StudentInnen, die wegen eines Studiums zu uns kommen, ein besonderes Verhältnis, ja eine besondere Beziehung zu Griechenland entwickeln, welche in einer nicht so fernen Zukunft zu einer wirtschaftlichen oder anderen Zusammenarbeit zwischen den Ländern führen könnte. Es ist durchaus möglich, dass sie unser Land, in dem sie studiert haben, später besonders unterstützen wollen“ (lesen Sie das ganze Interview unter: https://www.graktuell.gr/articles/politik-wirtschaft/1934-interview-mit-giannis-chryssoulakis).
Die Entwürfe für das Gebäude der Athener Akademie stammen von Theophil Hansen. Sie sind entstanden nachdem der Stifter und großer Philhellene Simon von Sina, einer der bedeutendsten Bankiers und Unternehmer Österreichs im 19. Jahrhundert, im Jahr 1856 sich entschied, das Projekt zu finanzieren. Für die Betreuung der Bauarbeiten, die nahezu dreißig Jahre lang dauerten, zeichnete sich Ernst Ziller, der begabte Mitarbeiter von Theophil Hansen, aus. Das Gebäude besteht aus drei Flügeln, im mittleren Gebäudeteil ist eine imposante sechssäulige Front mit ionischen Säulen zu sehen. Alle Giebel sind mit Akroterfiguren versehen, die Gebälke sind mit Friesen geschmückt und im Konferenzsaal werden Szenen aus dem Prometheus-Mythos dargestellt. Das Akademie-Gebäude erweist sich als das größte und schönste der Athener Trilogie.
Das dritte Gebäude der Trilogie, ebenfalls im Jahr 1832 wie die zwei anderen geplant, aber erst viel später, in den Jahren 1881-1891 gebaut, ist die Nationalbibliothek, die im Jahr 1902 bezogen wurde. Auch hier stammen die Baupläne von Theophil Hansen, die Bauarbeiten überwachte Ernst Ziller. Es entstand ein dreiflügeliges Gebäude, das sich streng an den Klassizismus anlehnt. Die Front des Gebäudes erinnert stark an den guterhaltenen Hephaistos Tempel, mit sechs Säulen vorne und zwei Säulen im Vorraum.
Die Athener Trilogie repräsentiert immer noch heute das geistige Zentrum Athens. Zwar werden die Gebäude immer noch genutzt, doch sind viele Funktionen auf andere Gebäude ausgelagert. Sie erinnern uns jedenfalls an eine große Zeit des heutigen Griechenlands, als der Enthusiasmus für den neugegründeten Staat und der Eifer, aus dem kleinen Land, einen modernen europäischen Staat zu machen und die verlorene Zeit nachzuholen, groß waren.
(AL)