Eine Ausstellung über die maritime Kultur der Kyklader und Minoer im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. wurde letzte Woche in der Festung Koules am Hafen von Heraklion auf Kreta eröffnet. Sie gewährt Einblicke in die faszinierende Welt früher Seefahrt im östlichen Mittelmeerraum und beleuchtet Handelskontakte, navigatorische Bedingungen, Hafenanlagen und küstennahe Siedlungen, sowie Wasserfahrzeuge der Kykladen-Kultur und der Minoer.
Wie der griechische Historiker Thukydides um 400 v.Chr. berichtet, “Minos nämlich war der erste, von dem wir Kunde haben, dass er eine Flotte besaß, das heute hellenische Meer weithin beherrschte und die Kykladen eroberte und meistenteils zuerst besiedelte, wobei er die Karer verdrängte und seine eigenen Söhne als Fürsten einsetzte. Auch von den Seeräubern reinigte er vermutlich das Meer nach Kräften, um seine Einkünfte zu verbessern”.
„Die Inseln der Winde. Die maritime Kultur der prähistorischen Ägäis“ ist eine erweiterte Version der temporären Ausstellung, die letztes Jahr in Gortys – im neuen Archäologischen Museum von Messara im Süden Kretas – stattfand. Die Ausstellung wird von der Region Kreta, der Ephorie für Prähistorische und Klassische Altertümer in Heraklion und dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg organisiert und läuft bis zum 31. Dezember.
Die Museumshallen der venezianischen Festung Koules sind die perfekte Kulisse für eine Reise durch die Seefahrt und den Handel der Bronzezeit. Die Rekonstruktionen und Modelle von Schiffen und Hafenanlagen der Minoerwerden durch die beeindruckenden Artefakte und Exponate von Koules akzentuiert und vergrößert. Die Besucher werden ein fesselndes Erlebnis haben, indem sie die maritime Geschichte und Kultur der Region von der Vorgeschichte bis zur venezianischen Ära sehen.
Diese Ausstellung verwendet fortschrittliche Modellierung, digitale Designelemente sowie die Präsentation von Artefakten, um ein breites Fenster in die natürliche Kultur und Tradition aus einer Zeit vor dem Schreiben zu schaffen. Der Schiffbau und alle maritimen Künste und Wissenschaften spielten eine entscheidende Rolle für die Entstehung der minoischen Zivilisation als der ersten wahren Thalassokratie der Welt.
Die Ausstellung ist das Ergebnis einer fruchtbaren interdisziplinären Zusammenarbeit mit dem Ziel, eine Reihe ungelöster Probleme der minoischen und ägäischen Schifffahrt zu lösen, die hauptsächlich praktischer oder technischer Natur sind: Wie wurden die verschiedenen Arten von Segelschiffen der Bronzezeit gebaut und gefahren? Wo fanden die Schiffbauer das benötigte Holz? Wie gefährlich war die Reise auf hoher See? Wie waren die minoischen und ägäischen Häfen organisiert? Und schließlich, welche Rolle spielte die Navigation bei der Entwicklung der ägäischen Zivilisationen während der Bronzezeit? All diese Fragen werden in der Ausstellung nicht nur mit Texten beantwortet, sondern auch mit einer Reihe von 3D-Modellen von Schiffen und Häfen, die das Ergebnis langjähriger Arbeit eines griechisch-deutschen Teams aus verschiedenen wissenschaftlichen Fachgebieten sind.
Das Hauptziel der Ausstellung ist es, über den engen Rahmen einer rein archäologischen Betrachtung hinaus eine umfassende und leicht verständliche Darstellung der Schifffahrt in der Ägäis des 3. und 2. Jahrtausends zu geben, die den geografischen Hintergrund, die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, die Verwaltungsorganisation und vor allem die technologischen Entwicklungen im Schiffbau in den Mittelpunkt stellt. Kern der Ausstellung, die anhand archäologischer Befunde ein möglichst umfassendes Gesamtbild der Beziehung der ägäischen Zivilisationen zum Meer rekonstruieren will, sind digitale Darstellungen sowie 3D-Schiffsmodelle und Hafenanlagen. Die archäologischen Daten werden durch großformatige Plakate mit reichhaltigen Abbildungen und begleitenden Erläuterungstexten, aber auch durch Modelle antiker Objekte möglichst verständlich präsentiert.
Der Pioniercharakter der Ausstellung beruht hauptsächlich auf dem Bemühen um eine technisch-praktische Annäherung an die Geschichte der ägäischen Schifffahrt. Der Bau von 3D-Schiffsmodellen ermöglichte die gründliche Untersuchung verschiedener Schiffbautechniken und Konstruktionsdetails in Bezug auf Größe, Form und Navigation der Schiffe aus der Bronzezeit.
Die dreidimensionalen Darstellungen der Häfen Kommos und Kato Zakros beleuchten wichtige Aspekte der ägäischen Schifffahrt, wie die Form und den Betrieb von Hafenanlagen. Ziel der Ausstellung ist es, nicht nur ein entscheidendes Kapitel der ruhmreichen Geschichte der griechischen Schifffahrt aufzuzeigen, sondern auch archäologische Daten und neuere wissenschaftliche Erkenntnisse so darzustellen, dass sie für die breite Öffentlichkeit und insbesondere für Studenten leicht verständlich sind.
Dr. Diamantis Panagiotopoulos, Direktor des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg, ist der Visionär hinter dieser Lernerfahrung. Einer seiner wichtigsten Schwerpunkte bei dieser Ausstellung ist die Bildung. Und der Wert für Schulen und Studenten verdoppelt sich mit Koules als Veranstaltungsort.
Die harte Arbeit, die in die Ausstellung gesteckt wurde, hat auch die Theorie über die Ingenieurskunst der Bronzezeit erweitert. Bei der Ausstellungseröffnung letztes Jahr in Gortys (Messara) hob Dr. Diamantis Panagiotopoulos die Bedeutung der Langstreckenseefahrtfähigkeiten der minoischen Zivilisation hervor. “Unsere Ausstellung erzählt die Geschichte der nautischen Errungenschaften der ägäischen Seefahrtsgesellschaften der Bronzezeit. Diese Gesellschaften florierten, weil sie auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit und einer sehr umsichtigen und effektiven Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen beruhten. Diese ‚minoische Art‘, Dinge zu tun, d. h. in perfekter Harmonie mit ihrer natürlichen Umgebung zu gedeihen und zu expandieren, kann eine Lehre für unsere moderne Gesellschaft sein.“
Dr. Vasiliki Sythiakaki, Direktorin der Heraklion Ephorie für Altertümer, hat auch maßgeblich dazu beigetragen, diese Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Besucher können sich auf 3D-Modelle minoischer Segelschiffe, Modelle und Grafiken alter Häfen, hochdetaillierte Modelle der Schiffbauanlagen in den alten Häfen von Kommos und Zakros sowie wunderschöne Artefakte aus dieser Zeit freuen.
Diese Ausstellung wurde in ihrer ersten Form in den Jahren 2010/2011 im Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg mit der Förderung der Costopoulos-Stiftung vorgestellt. In den folgenden Jahren wurde sie auch in vier weitere deutsche Städte verlegt und im Badischen Landesmuseums Karlsruhe (2012), im Kestner-Museum Hannover (2013), im Mainzer Schifffahrtsmuseum (2014-15), im Museum Quintana Künzig (2015) präsentiert.
Introbild: Ausstellungsplakat & Festung Koules/ Quelle: http://koules.efah.gr & ©P. Merakos via https://www.visitgreece.gr/
EG
TAGS: Archäologie | Ausstellungen | Geschichte | griechische Inseln | Kultur | Mittelmeer | Schifffahrt