Unter folgendem Link können Sie sich den offiziellen Trailer zum Film „Arcadia 1900“ mit englischen Untertiteln ansehen: https://vimeo.com/674371235
Der Dokumentarfilm „Arkadien 1900. Die unbekannte Geschichte von Arkadien 1900, Kampanien des Orients“ von Kostas Spyropoulos ist eine Koproduktion von ERT und dem Filmzentrum mit englischen Untertiteln. Der Film wurde am 26. Oktober 2023 in den griechischen Kinos uraufgeführt und war bis zum 14. November 2023 zu sehen, während er gleichzeitig im Ausland gezeigt wurde. In den Hauptrollen spielen Giorgos Michalakopoulos, Isidoros Stamoulis, Odysseas Stamoulis und Sofia Seirli, während die Musik von Evanthia Reboutsika komponiert wurde.
Zusammenfassung: Der Film dokumentiert die unglaubliche, aber wahre Geschichte einer Familie aus Tegea in Arkadien (Peloponnes), die es Ende des 19. Jahrhunderts wagte, davon zu träumen, dass die Region zum zweiten Kampanien Europas werden könnte, und die daraufhin jahrzehntelang einen ausgezeichneten Schaumwein aus Muskatellertrauben, (Griech. „Moschofilero“) herstellte, der dem französischen Champagner in nichts nachstand und internationale Anerkennung fand. Anhand von reichhaltigem Archivmaterial wird die Unternehmung der Gebrüder Papanikolaou im Dorf Rizes in Tegea beschrieben, denen es von 1885 bis 1935 gelang, Champagner von hervorragender Qualität herzustellen. Ihr Champagner wurde auf den damaligen Weltausstellungen mit Gold ausgezeichnet. Tegea wurde sogar in dem Weltwörterbuch der Önologie von Bordeaux als „Ort der Herstellung von Schaumwein, der mit dem französischen vergleichbar ist“, genannt.
// Tegea (im Mittelalter „Nikli“) war eine der ältesten und mächtigsten Städte im Arkadien des antiken GR und ist heute ein Gemeindebezirk der Gemeinde Tripoli mit etwa 3500 Einwohnern. Mehr auf der Website des Archäologischen Museums von Tegea.//
Bio: Kostas Spyropoulos ist Journalist, Regisseur und Dokumentarfilmproduzent. Er war in leitender Funktion bei TV-Sendern Mega, ANT1, SKAI, ERT, GBC, Tempo und CEO von EuroNews Balkans tätig. Er ist Mitglied der Vorstände der internationalen Vereinigungen World History Producers und History Makers, Gründer der Filmfestivals AegeanDocs und Arcadian Screenings sowie des StoryDoc Educational Institute. E-mail-Adresse: spiropoulos@storydoc.gr.
Es folgt das Interview.
1) Was hat Sie dazu inspiriert, diesen Film zu drehen?
Unbekannte, unerzählte Geschichten wecken mein Interesse und regen meine Fantasie an. Wenn es sich um eine Geschichte wie die der Gründung, des Triumphs und des Niedergangs der Weinkellerei Papanikolaou handelt, weist sie alle Elemente einer aristotelischen Tragödie auf – tragische Ironie, Hybris, Absturz und einen tragischen Helden, der nach seiner eigenen Katharsis bzw. seelischer Reinigung sucht. Meine künstlerische Motivation besteht darin, eine Epoche dokumentarisch zu rekonstruieren und die Zuschauer durch die Entfaltung einer Handlung, die von der Realität und nicht von der Fantasie eines Schriftstellers geprägt ist, in ihre eigene Suche nach der Wahrheit einzubeziehen.
2) Wie lange haben Sie gebraucht, um das Drehbuch zu schreiben und zu drehen, bis zur endgültigen Bearbeitung und ersten Vorführung? Die Recherche hat etwa acht Jahre gedauert. Ich habe ungefähr bei Null angefangen: Ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1882 mit dem Titel „Ein französischer Experte aus Bordeaux wurde nach Tripolis eingeladen, um Schaumwein herzustellen“. Im Folgenden musste ich Tausende von lokalen und athenischen Zeitungen von 1882 bis 1934 studieren, ein verschollenes Buch meines Helden finden, das 1910 gedruckt wurde, vergessene Filmarchive in Griechenland, Frankreich und den USA entdecken (Filme von 1900 bis 1925) und Dutzende von mündlichen Zeugenaussagen erhalten, um das erste Drehbuch zu schreiben.
Das Casting für die Auswahl der Protagonisten in den nachgestellten Szenen, die Drehortverwaltung und die Neuverfilmung dauerten acht Monate. Anschließend vergingen vom ersten Drehtag am 21.6.2021, der in drei Phasen mit einer Gesamtdauer von 21 Tagen stattfand, bis zum letzten Schnitttag am 10.3.2022, neun Monate. Die gesamte Zeit? Ich habe eigentlich aufgehört zu zählen!
3) Welche Form haben Sie gewählt, um den Film ansprechend zu gestalten und an wen richtet er sich?
Die Form des Films ist eine Vermischung aus alten Filmdateien und darstellenden Szenen. Die Darstellungen sollten die folgende Frage beantworten: Welche Bilder würde eine Kamera aufnehmen, wenn sie sich an dem Ort befinden würde, an dem die Ereignisse stattfinden, wie sie in den schriftlichen Zeugnissen beschrieben sind. Viele Szenen im Film wechseln sich ständig mit Archivbildern ab, so dass am Ende ein „Meta-Archiv“ entsteht. Man bezeichnet dieses Genre als „Dokufiktion“ (Kofferwort aus „Dokumentation“ und „Fiktion“, Eng. Docufiction). Im fiktiven Teil geht es nicht um die Erfindung von aus der Luft gegriffenen Ereignissen, sondern um die Rekonstruktion des realen „Puzzles“ einer Epoche. Die „Dokufiktion“ hatten wir nicht von Anfang an im Sinn, um ihr dogmatisch zu folgen. Das Genre ergab sich aus den Erfordernissen der Erzählung selbst.
4) Was waren die entscheidenden Punkte bei der Produktion des Films? Der erste Schnitt, fast vier Stunden lang, war für mich nur befriedigend. Er enthielt Informationen über zehn weitere ähnliche Operationen in derselben historischen Zeit und am selben Ort. Ich hörte auf die Vorschläge meiner Mitarbeiter und vor allem auf die des verstorbenen Giorgos Michalakopoulos und konzentrierte mich auf das Drama der Familie Papanikolaou.
Aber ich hatte ein flaues Gefühl im Herzen. „Was wird mit den anderen zehn Geschichten geschehen? Werden sie wieder unerzählt bleiben?“ Ich hatte das Gefühl, sie zu verraten, obwohl ich ihnen nie persönlich begegnet war, sondern erst nach ihrem Tod auf ihre Spuren gestoßen war. Dann nahm ich den Vorschlag eines meiner Dokumentarfilmlehrer, Tue Steen Müller, an: „Veröffentliche die Recherche in einem Buch!“ So entstand das Zwillingsgeschwisterchen des Films, die Essay-Studie „Die Pioniere von Muskatwein“ (Iolkos Verlag, Athen, auf Griech.), die bereits in der zweiten Auflage erschienen ist. Der Film und das Buch bilden ein pädagogisches Programm zusammen, das wir jetzt in den Gymnasien in Griechenland und im Ausland vorstellen, wie am 29. Februar, in Prag. Die Entscheidung für das Buch hat mich in der dramatischen Handlung des Films in der Schnittphase eigentlich erlöst.
5) Wo wurde der Film bisher in Griechenland und im Ausland gezeigt und welche Reaktionen hat er hervorgerufen, insbesondere beim ausländischen Publikum?
Der Film hat an 27 internationalen Filmfestivals teilgenommen, von Cannes, London, New York, Toronto und San Francisco bis Ecuador, Buenos Aires, Dubai und Zypern. Vor kurzem wurde er in Prag bei einer Veranstaltung im Nationalmuseum unter der Schirmherrschaft der Botschaft von Griechenland gezeigt. Vom 7. bis 27. April reist der Film nach Kalifornien, wo er in Los Angeles, Sacramento, San Diego und dann in Chicago gezeigt wird. In Griechenland wurde er in Sommer- und Winterkinos in Athen, auf dem Peloponnes, in Larissa, Lemnos, Ikaria und Mytilene sowie bei Freiluftvorführungen in Weingütern von Kefallonia und Mazedonien bis Aigio und Dutzenden von Dörfern in Arkadien gezeigt.
Zwei waren die bewegendsten Momente bei den Vorführungen. Der erste war im Kino in Tripolis, wo ein Urenkel des Patriarchen der Familie Papanikolaou vorgestellt wurde, und der zweite war in Athen, als die Frau des Neffen des Protagonisten der Geschichte, des Önologen Vassilis Papanikolaou, auftrat. Als sie sprachen, erstarrte ich für einen Moment. Aber beide sagten mit Tränen in den Augen, dass die Geschichte, die sie von ihren Großeltern gehört hatten, auf der Leinwand zum Leben erweckt wurde, und dass viele Fakten, die ihnen Fragen aufgeworfen hatten, im Film ihre Antworten fanden.
6) Wird der Film auch in deutschsprachigen Ländern und Regionen zu sehen sein?
Am 26. März ist die Reihe in Lausanne in der Schweiz (Pathé Les Galeries), wo das Publikum französischsprachig ist. Wir suchen natürlich nach weiteren Kooperationen und sind offen für Vorschläge für Vorführungen auch im deutschsprachigen Raum, die sich an ein Publikum aus der griechischen Gemeinschaft richten, aber auch an Zuschauer, die sich für historische Filme und die griechische Geschichte interessieren oder zu dem speziellen Publikum der Önophilen gehören. Wir wurden von der Vereinigung „Melissa pour l’ Hellenisme“ nach Lausanne eingeladen, und ich habe die Einladung gerne angenommen, um den Film vorzustellen und mit den Zuschauern zu diskutieren.
7) Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Mein nächster Film will den Faden von 1928, dem Ende von Arkadien 1900-Film, aufnehmen und ihn bis in unsere Tage aufdröseln. Wiederum geleitet vom Wein und den Träumen von Menschen, die das scheinbar Unerreichbare verfolgen und verwirklichen.
8) Beschreiben Sie als zeitgenössischer Schöpfer in einem Satz das Griechenland von heute.
Ich denke, oder, wenn Sie so wollen, ich fürchte, dass die Griechen in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren mehr zu „Mitbewohnern“ als zu Mitbürgern in unserem eigenen Land geworden sind. Es gibt weder eine gemeinsame Vision von Ideen und Bestrebungen, die uns alle eint, noch zwei verschiedene Visionen, die sich sogar widersprechen und die Griechen spalten. Eigentlich ist ein „Mosaik“ immer noch formlos und macht es Künstlern schwer, ihre eigene „Sprache“ zu formulieren und mit großen Teilen der Gesellschaft echt zu kommunizieren. (KL)
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