Anna Routsi ist Juristin, Kultur- und Medienmanagerin. Sie hat in Athen und in Berlin studiert. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim griechischen Ombudsmann. Seit einem Jahr ist sie verantwortlich für die Presse bei Athen 2018 Weltbuchhauptstadt. GRIECHENLAND AKTUELL sprach neulich mit Anna Routsi über athens2018, welches bis Ende April dieses Jahres läuft.
Die Idee der Welthauptstadt des Buches wurde erstmals 2001 umgesetzt. Die erste Stadt war 2001 Madrid, gefolgt von Städten wie Alexandria, Neu Delhi, Montreal, Turin u.a. Nun ist Athen an der Reihe. Was bedeutet dieser Titel für die griechische Hauptstadt?
Anna Routsi: Athen hat den Titel bekommen, nachdem die Stadt Athen einen Antrag der UNESCO eingereicht hat. Die Entscheidung war einstimmig. Die Repräsentanten von UNESCO haben im Nachhinein erklärt, dass eine große Rolle gespielt hat, dass einerseits das vorgeschlagene Programm vielfältig, gut gegliedert und original war, andererseits jedoch, dass Athen sich besonders in der Krise als eine besonders tolerante, innovative Stadt erwiesen hat. Was nun dieser Titel für Athen bedeutet: Dass viele verschiedene, offene, private, nationale oder internationale Organisationen, Institutionen, Gruppen, Künstler, Museen, Universitäten, Festivals, Botschaften usw. sich unter einem Schirm mit der Koordination des Athens Culture Net der Stadt Athen gesammelt haben, damit das Buch und das Lesen zu den Einwohnern dieser Stadt kommt. Und dass die Einwohner stolz sein können auf diesen Titel, den die Stadt gewonnen hat und über die große Chance, welche dadurch der Stadt gegeben wird. Und dass Athen, die schon ein Rekord von Besuchern die letzten Jahre verzeichnet, sich international im Kulturbereich etabliert.
Welche Veranstaltungen, die in der bleibenden Zeit stattfinden werden, würden Sie besonders hervorheben?
Das Programm beinhaltet insgesamt mehr als 400 Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit mehr als 250 Institutionen, in Athen oder auch außerhalb der Stadt. Das Programm, welches bis Ende April dieses Jahres läuft, ist thematisch aufgebaut. Schriftsteller, wie Christoph Ribbat (16/3), Samuel Bjoerk (6/2), Claudio Magris (Anfang April) kommen nach Athen im Rahmen der Thematik „Eine Welt von Schriftstellern“, mit renommierten eingeladenen Autoren, wie Ian Mac Ewan, Jeffrey Eugenides oder Herta Müller und George Saunders, die mit den Athenern einen Dialog eröffnen. Die nordischen Länder präsentieren in zwei Ausstellungen über die Wanderer und ihre schriftlichen Eindrücke aus Griechenland und über Nikolas Kalas, mit vielen parallelen Events, Workshops, Lesungen, im Rahmen des Programms „Die Nordischen Länder erzählen“. Atopos Contemporary Visual Culture präsentiert bis 21. Februar die Sammlung #TextMe_PaperFashion im Londoner The Hellenic Centre, London. Ein Besuch in Atopos’ Fluffy Library in Salaminos str. in Athen ist sicherlich bis Ende April ein besonders interessanter Besuch! Hier ist auch eine Reihe von Lesungen über die ambivalente Beziehung zwischen Geschichte und Literatur, vom Februar bis April, mit einigen der wichtigsten Historiker und Autoren zu erwähnen. Die Ausstellung „Doxiadis in Skopje“, in Benaki Museum oder die Kunst Trilogie „Die Ungeschriebene Bibliothek“, in Megaron Moussikis. Poetry on the road, mit noch ein Event in der Reihe, am 1. Februar um 12.00 mit erzählenden Dichtern und Musik unterwegs, im Bus 049 Omonia-Piraeus. Eine Diskussion über das e-Buch in Ianos Buchladen am 4. Februar. Ausstellung und viele parallele Events über graphic novels in Benaki Museum vom Januar bis März. Eine Ausstellung über gegenwärtige Malern für Kinderbücher (11/2-10/3 in Kentron Texnon) und die Ausstellung “A Room of One’s Own”, inspiriert von Virginia Woolf (18/3-21/4 Kentron Texnon) oder noch eine Ausstellung mit Manga bis 20.April in der Galerie der Stadt Athen (Dimotiki Pinakothiki). Lesungen in der U-Bahn von der Organisation Reading for the others jeden Monat. Am 20. März ist Raphaël Jerusalmy eingeladen. Eine Kooperation mit MoMa über Kinderbücher. Ein vielfältiges Programm in Zusammenarbeit mit dem Theater und den Instituten von Pireaus. Und natürlich viele Programme, die weiterlaufen, wie die offene Sammlungen, wo Institutionen zum ersten Mal für eine begrenzte Zeit ihre ‚geheimen‘ Schätze ans Publikum bringen, oder die Athener Literatur Gänge, wo die Leute durch die Stadt mit den Schriftstellern laufen, oder die sogenannten Sprechrelais, wo ein Autor einen anderen präsentiert, von verschiedenen Text Sorten, im Rathaus Athen.
Hat athens2018 ein Programm entwickelt, welches nachhaltig wirkt?
Ziel von athens2018 war es von Anfang an, dass das Buch überall ist und alle erreicht, dass alle Zugang haben, ohne dass Alter, Sprache, Herkunft eine Rolle spielen. Deswegen auch unser Motto „Books everywhere“. Das Buch wurde eingemischt mit verschiedenen Künsten und traf auch jeden Bereich, wie Technologie, Reise, Gastronomie, Mode, Architektur, Werbung, Archäologie und so viele noch. Dadurch wollte die Stadt Athen und der Bürgermeister Georgios Kaminis persönlich, das Buch außer den engen Grenzen des Lernens und Schulausbildung bringen und seine aufregende Welt allen zeigen. Wir wollen zeigen, dass Buch Spaß und Vergnügen sein kann, dass unser ganzes Leben, auch wenn unbewusst, voll mit Lesen und Schreiben von Texten ist. Ausstellungen über Bücher als Kunstwerke, Buch und Literatur im Theater, in Musik, in Kino, das Buch als Performance auf den Straßen und Plätzen Athens, mobile Bibliotheken für Kinder und Erwachsene, Dichter auf den Straßen, Spiele übers Buch im Freien, sind nur einige von den Aktivitäten im Programm. Die Sache ist nicht, einfach Hinweise aufs Lesen zu geben, sondern das Lesen und das Buch reizend zu machen. Das ist hoffentlich etwas, was zum Abbau von Stereotypen beiträgt. Ein anderer Aspekt ist, dass durch diese Erfahrung dieses einen Jahres, plus die Vorbereitung, haben wir alle viel voneinander gelernt und auch wie man zusammenarbeitet. Ein riesiges Netzwerk wurde gebaut, koordiniert von Athens Culture Net, was die Stadt Athen vor ungefähr 3 Jahre gegründet hat, mit Organisationen aller Art, wie oben erwähnt, die zusammengearbeitet haben, kreative Ideen bearbeiteten und Wege zu effektiver Intervention gefunden haben. Das ist noch ein Gewinn für die Stadt am Tag danach: Dass wir miteinander arbeiten, einander hören und voneinander lernen. Und die Absicht ist, dass dieses Netzwerk hoffentlich auch nach diesem Jahr weiterlebt, weil es noch viel zu geben hat.