Das Deutsche Archäologische Institut Athen feiert bereits 150 Jahre Ausgrabungen in Olympia und 100 Jahre auf Samos – ein vielseitiger und wertvoller Beitrag zur Erforschung und Bewahrung der antiken griechischen Geschichte und Zivilisation. |
Die Gründung der Abteilung Athen als zweite Außenstelle (nach Rom), damals noch „Institut für Archäologische Korrespondenz“, erfolgte auf den Reichstagsbeschluss vom 17. März 1872 hin. Die Eröffnung der Zweigstelle erfolgte am 9. Dezember 1874, dem Geburtstag Johann Joachim Winckelmanns. Nach der 1846 eingerichteten École française d’Athènes war das Athener Institut die zweite ausländische archäologische Forschungseinrichtung in der Hauptstadt des griechischen Königreichs.
Seit 1888 hat die Abteilung Athen ihren Sitz in einem spätklassizistischen Bau in der nach dem berühmten Bildhauer benannten Pheidias-Straße 1 (Fidiou 1) im Zentrum Athens. Das Gebäude war 1887/1888 im Auftrag Heinrich Schliemanns nach Plänen von Wilhelm Dörpfeld und Ernst Ziller errichtet worden. 1899 erwarb der deutsche Staat von den Erben Schliemanns das Grundstück samt Bauwerk.
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© DAI // Unbekannt
Arbeitsschwerpunkt der Abteilung Athen war neben der Erfassung und Publikation antiker Denkmäler in Corpora von Beginn an auch die archäologische, baugeschichtliche und topografische Feldforschung. Bis zur Gründung der Abteilung Istanbul im Jahr 1929 war das Athener Institut dabei nicht nur in Griechenland, sondern auch im westlichen Kleinasien tätig.
In den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Abteilung Athen liegen die Ursprünge der bedeutenden Ausgrabungen, die bis heute von ihr betreut werden: die Grabungen im Heiligtum von Olympia (seit 1906, zuvor 1875–1881 ›Reichsgrabung‹), in Tiryns (seit 1905, zuvor 1884–1885 Ausgrabungen durch Schliemann), im Kerameikos von Athen (seit 1913) sowie im Heraion von Samos (seit 1925, zuvor 1910–1914 Grabungen durch die Berliner Museen). Im Jahr 1974 schließlich kam die Grabung im Heiligtum von Kalapodi hinzu.
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1916 im Zuge des Ersten Weltkriegs geschlossen, nahm die Abteilung Athen erst 1921 wieder ihren regulären Betrieb auf. Die Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 bildet in jüngerer Zeit einen Schwerpunkt bei der Erforschung der Geschichte des Athener Instituts. Beim Rückzug der deutschen Besatzungstruppen aus Griechenland im Jahr 1944 wurde das Institutsgebäude den griechischen Behörden übergeben. Dass die Abteilung Athen 1951 wiedereröffnet werden konnte, ist nicht zuletzt der Unterstützung weitsichtiger griechischer Kollegen:innen zu verdanken.
Heute ist das Athener Institut gemeinsam mit den anderen ausländischen archäologischen Schulen Teil einer großen internationalen Gemeinschaft. Mit ihrer hervorragenden wissenschaftlichen Infrastruktur erfüllt die Abteilung Athen nicht nur für deutsche und griechische Altertumswissenschaftler:innen, sondern auch für Forschende aus anderen Ländern, die dauerhaft oder temporär in Athen tätig sind, wichtige Funktionen.
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Bild: D-DAI-ATH-2017-32561, S. Gesafidis
Das Hauptziel des Deutschen Archäologischen Instituts ist die Erforschung und Förderung der antiken griechischen Zivilisation – einer Kultur, die nicht nur Griechenland betrifft, sondern ein gesamteuropäisches und globales Erbe darstellt. Laut der Leitenden Direktorin der Abteilung, Prof. Dr. Katja Sporn, erfolgt die Förderung der antiken griechischen Zivilisation nicht nur durch Ausgrabungen, sondern auch durch wissenschaftliche Studien, Veröffentlichungen, Ausstellungen und die Unterstützung von Museen – stets in Zusammenarbeit mit dem griechischen Kulturministerium.
In einem Interview mit der Deutschen Welle erklärte Dr. Sporn: “Wissen Sie, bei Ausgrabungen geht es nicht mehr nur darum, einen Gegenstand oder eine Reihe schöner goldener Funde zu entdecken. Die moderne Ausgrabung liefert uns Beweise, die wir in Zusammenarbeit mit vielen anderen Wissenschaftlern – zum Beispiel Geophysikern, Botanikern und anderen – umfassend betrachten und analysieren. Ein gemeinsames Forschungsthema lässt sich besser und tiefgehender erschließen, wenn man es aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.
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[Foto: Nikos Chrysikakis//Deutsches Archäologisches Institut Athen/dpa/picture alliance]
Eines der jüngsten und modernsten europäischen Projekte, an dem das Deutsche Archäologische Institut beteiligt ist, wird in Kalapodi durchgeführt. Dort wird untersucht, wie Wasser – etwa durch Regen, Schnee und Grundwasserfeuchtigkeit – die Denkmäler beeinflusst.”
Das Deutsche Archäologische Institut bietet ein vielfältiges Spektrum an wissenschaftlichen Aktivitäten. Unter anderem verfügt es über wertvolle Archive, darunter das Fotoarchiv mit mehr als 150.000 Aufnahmen, dessen Sammlung 1887 begann und seither wertvolle Einblicke in die Entwicklung Griechenlands über die Jahrzehnte hinweg liefert.
Der 150. Jahrestag des Beginns der deutschen Ausgrabungen in Olympia und der 100. Jahrestag der Ausgrabungen des Deutschen Archäologischen Instituts im Heraion auf Samos werden gefeiert. Aus diesem Anlass werden verschiedene Veranstaltungen organisiert, darunter eine große wissenschaftliche Konferenz und Vorträge zu Themen rund um Olympia und Samos. Zudem wurde am 30. Juni im Pythagorion eine Ausstellung über Samos eröffnet.
Die Ausstellung ‚Vor Ort. 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut Athen‘
Am 22. März 2024 wurde im Rahmen der Jubiläumsfeier die Ausstellung ‚Vor Ort. 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut Athen‘ eröffnet. [Quelle: Tiryns, Unterstadt. ©Kulturministerium, Ephorat für Altertümer von Argolis, Fotograf: N. Maniadakis]
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Am 22. März 2024 wurde im Rahmen der Jubiläumsfeier die Ausstellung ‚Vor Ort. 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut Athen‘(„Επί τόπου. 150 χρόνια Γερμανικό Αρχαιολογικό Ινστιτούτο Αθηνών“) eröffnet Die zweisprachige Sonderausstellung zeigt eine große Auswahl an teils bislang unbekannten Bild- und Textdokumenten, die den Weg des Instituts von den ersten Ausgrabungen bis ins digitale Zeitalter nachzeichnen. Die Strahlkraft des DAI Athen spiegelt sich seit 1874 in über 160 Projekten wider: „Seit 150 Jahren leistet das DAI Athen einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des antiken Griechenlands und zur Bewahrung des kulturellen Erbes des Landes, in dem die Wurzeln des demokratischen Europas liegen. Neben Ausgrabungen zählen heute auch komplexe Untersuchungen zu größeren kulturhistorischen Themen wie Klimawandel und Landschaftsveränderungen hinzu. Auch mit verschiedenen Formaten für NachwuchswissenschaftlerInnen hat das DAI Athen eine wichtige Rolle als Kulturmittler im deutsch-griechischen Austausch inne,“ so Prof. Dr. Katja Sporn.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt 150 Jahre DAI Athen
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Der Bundespräsident würdigte auf seiner Reise durch Griechenland die Arbeit des DAI Athen in einer Ansprache und eröffnete die virtuelle 3D-Tour durch die Ausstellung „Vor Ort. 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut Athen“.
Der Bundespräsident reiste vom 29. bis 31. Oktober 2024 nach Griechenland. Sein Besuch stand im Zeichen der Anerkennung der vielfältigen deutsch-griechischen Beziehungen. Aus diesem Anlass nahm Dr. Frank-Walter Steinmeier auch an den Feierlichkeiten zum 150. Jubiläum des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Athen teil: Mit Gründung der Abteilung Athen im Jahr 1874 wurde nicht nur die deutsche Erforschung des antiken Griechenlands institutionalisiert, im selben Jahr wurde das Deutsche Archäologische Institut auch dem Auswärtigen Amt unterstellt. Heute nimmt das DAI eine elementare Rolle im Rahmen der Wissenschaftsdiplomatie Deutschlands ein.
„In den Zeitdimensionen der Archäologie mögen 150 Jahre kaum mehr als der sprichwörtliche Wimpernschlag sein. Aber was Sie in diesen eineinhalb Jahrhunderten freigelegt, erforscht, entdeckt haben, das beeindruckt mich sehr. Ihre Aufgabe ist heute, in einer Zeit, in der Wissenschaft immer häufiger in Misskredit gezogen wird und das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse schwindet, noch größer geworden“, so Frank-Walter Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 30. Oktober bei einem Festakt zum 150. Jubiläum des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen eine Ansprache gehalten: „Erinnerung freizulegen und zu bewahren, das ist auch die DNA Ihrer Arbeit.“
Die Rede des Bundespräsidenten ist unter dem Link https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2024/10/241030-DAI-Athen.html zu finden.
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Quellen, Fotos:
https://www.dainst.org/newsroom/frank-walter-steinmeier-wuerdigt-150-jubilaeum-des-dai-athen/496
(PS)