Der umfassende Gedichtzyklus „Ostern der Griechen“ von Angelos Sikelianós (1884-1951), der vor nahezu hundert Jahren entstanden ist, fängt die besondere Atmosphäre ein, die während der vierzig Tage vor dem Auferstehungsfest in Griechenland herrscht. Diese geistige Atmosphäre, die in der Karwoche kulminiert, trägt dazu bei, dass Ostern das größte religiöse Fest in Griechenland ist. Es erinnert uns, dass das Leiden Christi zur Befreiung der ganzen Welt von ihren zerstörerischen Konflikten und zur allgemeinen Versöhnung beitragen kann.

Ostern ist der größte Feiertag der Orthodoxie. Während der Fastenzeit, aber hauptsächlich während der Karwoche, ist es in vielen Regionen Griechenlands üblich, jeweils eigene Bräuche und Traditionen zu leben.

Die Zeremonie der Heiligen Waschung auf der Insel Patmos, wo Johannes der Evangelist viele Jahre in Verbannung verbrachte, ist einer dieser religiösen Bräuche und stellt die Tat Jesu vor dem Letzten Abendmahl dar. Christus nahm ein Becken mit Wasser und wusch seinen Jüngern die Füße. Die Aufführung findet am Gründonnerstag um 12.00 Uhr auf dem Xanthou-Platz vor dem Rathaus statt.

In den Klöstern von Meteora gibt es den Brauch der Kreuzigung Christi. Die zwölf Jünger werden von Mönchen oder Geistlichen gespielt, die Rolle von Christus übernimmt der Abt des Klosters Theologos, während die Rolle des Evangelisten von einem Geistlichen gespielt wird. Die Darstellung findet in streng klösterlicher Atmosphäre mit den Aposteln Petrus und Judas als „Protagonisten“ statt, bis der Abt den Mönchen symbolisch die Füße mit Wasser besprengt. Dann kehrt die Prozession zum Kloster zurück. Der imposante Steinwald von Meteora mit den Klöstern obenauf und seiner reichen Geschichte bietet sich als ideale Kulisse für diese Erinnerungsfeier des Christentums an. Von besonderem Interesse sind der liturgische Ansatz, die Bräuche und die Traditionen jedes Klosters in Meteora.

In der Gegend von Kalambaka findet während der Karwoche der Brauch der Kreuzigungsdarstellung statt. Der dritte Fastensonntag heißt „Kreuzigungssonntag“. Nach der großen Doxologie in Orthros wird das Kreuz in einer bescheidenen Prozession in die Mitte der Kirche gebracht und bleibt dort für den Rest der Woche. Am Ende jedes Gottesdienstes wird das Kreuz verehrt und von jedem geküsst.

Auf Kreta gibt es viele Bräuche der Karwoche und zusätzlich zu den bekannten, die in ganz Griechenland und in den Dörfern Kretas praktiziert werden, sind noch ganz besondere eigene erhalten geblieben: Die ganze Karwoche über wird keine Musik gehört, es wird nicht gesungen oder gepfiffen und in den Cafés werden keine Karten gespielt. Am Gründonnerstag bastelt man eine Menschenfigur aus Holz, den „Judas“, welche durch alle Häuser des Dorfes getragen wird und dort symbolisch für seinen berüchtigten Verrat geschlagen und misshandelt wird. Die Frauen geben alte Lumpen, um „den schmutzigen Judas“ entsprechend zu kleiden. Die Osterlämmer werden am Grünmittwoch und Gründonnerstag geschlachtet.

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Die unverheirateten Mädchen pflücken am Gründonnerstag Lilien, Rosen, Zitronenblüten und andere Blumen aus den Gärten, um das Epitaph, das Grab Christi, zu schmücken. Auf Kreta, besonders am Karfreitag, gibt es einen Brauch, bei dem der Priester in der Kirche vor der Prozession des Epitaphs die Namen aller verstorbenen Dorfbewohner jeder Familie erwähnt, Namen vieler Generationen.

Die Jungen und die erwachsenen Männer schneiden während der gesamten Karwoche Gehölz, hauptsächlich kleine Büsche. Aus diesem Reisig wird am Karsamstag ein etwa drei bis vier Meter hoher Scheiterhaufen errichtet, um die Puppe des Judas zu verbrennen. In der Nacht der Auferstehung, mit dem auferstandenen Christus, zünden die Mädchen Judas an, nachdem dieser durch eine Abstimmung verurteilt wurde. Zusammen mit den Stimmzetteln verbrennt die Judaspuppe auf dem Scheiterhaufen. Am Tag der Auferstehung geben sich sogar verfeindete Dorfbewohner auf dem Kirchhof den Kuss der Liebe.

Die Feier von Ostern auf Paros, eine der schönsten kykladischen Inseln, gehört zweifellos zu den schönsten Erlebnissen! Die Sitten und Gebräuche, die seit geraumer Zeit tief verwurzelt sind, werden mit einem Übermaß an Ehrfurcht und einzigartiger Popularität auf der kosmopolitischen Insel wiederbelebt und schaffen eine märchenhafte nächtliche Atmosphäre vor dem Hintergrund des Meeres und der weißen Häuser. An den Ostertagen, wenn die Farben und Düfte des Frühlings die Schönheit des Ortes steigern, ist Paros voller Menschen. In der berühmten Kirche Panagia Ekatontapyliani (Die Hunderttorige) in Parikia mit dem beeindruckenden weißen Bezirk wird einer der brillantesten Auferstehungsgottesdienste der Insel abhehalten – der „Protagonist“ der Feierlichkeiten ist die bergige Seite der Insel, von der aus sich das Licht der Auferstehung rund um die Insel ausbreitet.