Meistens werden die Denkmäler, die Museen, das lebhafte Kulturleben und der Pulsschlag von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Athen gepriesen. Man spricht von Sehenswürdigkeiten und Gastronomie. Jedes Jahr im April jedoch hat der Duft das erste Wort, wenn die mehr als 35000 Bitterorangen (Griech. Nerantziés) in Athen Einwohner und Touristen gleichermaßen mit ihrer vollen Blüte verzaubern. Man braucht nur die Augen zu schließen, wenn man über die Bürgersteige und durch die Alleen und Gassen im Zentrum oder in den Stadtvierteln geht, um den Frühling zu spüren. Der berauschende Duft der Bitterorangenblüten überwältigt im Grunde alle Sinne und macht die Athener Tage und Nächte schöner.
Das offizielle Symbol Athens seit der Antike ist zwar der Olivenbaum, aber heute ist es die Bitterorangen, die die Hauptstadt beherrschen und allen mit ihren Düften betören. Doch wie kam es dazu, dass Bitterorangen zum inoffiziellen Symbol der griechischen Hauptstadt geworden sind? Der Baum mit seinem süßen Aroma und den bitteren Früchten stammt wahrscheinlich aus Südostasien und verbreitete sich über Indien, den Iran und später die islamische Welt, über die er im 10. Jahrhundert nach Christus nach Spanien gelangte.
Die Person, die für die „Landung“ der Bitterorangen in Athen verantwortlich ist, ist Königin Amalie von Oldenburg und – durch Heirat mit König Otto I. – Prinzessin von Bayern und Königin von Griechenland (1818 – 1875). Bei ihrer Ankunft in der Stadt im Jahr 1837 wird Amalia mit einer „kahlen“ Landschaft mit wenigen Bäumen konfrontiert. Sie lässt neben dem Palast (dem heutigen Parlament der Griechen) einen großen Garten anlegen (den heutigen Nationalgarten). Mit einem Schiff aus Genua (Italien) werden 500 verschiedene Baum- und Pflanzenarten nach Athen transportiert. Darunter sind auch die Bitterorangen. Sie werden zusammen mit Maulbeeren und Oliven in Massen gepflanzt. Die Anpflanzung von Bäumen in der Stadt, vor allem von Nerantziés, wurde von König Georg I. fortgesetzt.
Die Vorteile der Nerantziá in der städtischen Landschaft und unter den klimatischen Bedingungen des Beckens von Attika sind vielfältig. Es geht um einen besonders widerstandsfähigen Baum, der praktisch keine Pflege braucht. Das Wasser, das unter fast ganz Athen fließt, reicht aus, um die tausenden Bitterorangen gedeihen zu lassen. Der Baum verträgt sowohl Luftverschmutzung als auch niedrige Temperaturen, da er seinen Saft absondert, wenn das Quecksilber nahe dem Nullpunkt oder darunter liegt. Außerdem passt der schmale Stamm des Baums in die schmalen Bürgersteige des Zentrums und der Stadtteile von Athen. (KL)
„Naránzia“ (Griech. «Νεράντζια», Lat. „Citrus auratium“) werden bei in der deutschen Sprache als Bitterorangen oder Pomeranzen bezeichnet und sind eine Mischung aus Pampelmuse und Mandarine. Die Frucht der Pomeranze ist zwar theoretisch essbar, aber da sie sehr bitter und sauer ist und unzählige Kerne hat, wird sie in rohem Zustand eher nicht verzehrt. Die Früchte werden zu köstlichen Marmeladen und Löffelbonbons verarbeitet. Αußerdem wird Neroliöl, auch Neroli genannt, als ätherisches Öl aus der Blüte von Naránzia (Citrus aurantium, Unterart amara oder Bigaradia,) gewonnen. Sein Duft ist süß, weich und etwas metallisch, mit grünen und würzigen Aspekten.
TAGS: Athen | Bitterorangen | Umwelt