Jedes Jahr im Dezember füllen griechische Weihnachtslieder, bekannt als Kalanda, die Straßen des Landes mit festlichem Leben. Diese lange gepflegte Tradition wird nicht nur von Kindern an den Haustüren weitergeführt, sondern prägt auch öffentliche Feierlichkeiten. Von beleuchteten Plätzen bis hin zur Residenz des Präsidenten der Hellenischen Republik tragen die Kalanda zur fröhlichen Atmosphäre dieser Tage bei. Die Klänge der Kalanda spiegeln die kulturelle Vielfalt und den reichen Brauchtum Griechenlands wider. Ob in ihren traditionellen regionalen Formen oder modern für Chöre arrangiert, schaffen sie eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und tragen den festlichen Geist direkt in die Herzen der Zuhörer.
Was sind Kalanda?
Volkskundler definieren Weihnachtslieder als traditionelle Gesänge, die typischerweise mit einem Gruß eingeleitet werden, auf einen bevorstehenden christlichen Feiertag hinweisen und mit wohlwollenden Wünschen abschließen. Ihre Texte sind oft reich an historischen Bezügen, Volksbräuchen und Elementen des Aberglaubens. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Glaube an die Kallikantzaroi, schelmische, koboldähnliche Wesen, die in der Weihnachtszeit Teil des erzählerischen Repertoires sind.
Eine besondere Eigenschaft der Kalanda ist die Verwendung der Katharevousa, einer alteren und eher literarischen Form des Neugriechischen, die im 18. Jahrhundert entwickelt wurde und auf tief verwurzelte historische Traditionen verweist. Der Begriff „Kalanda“ selbst ist seit byzantinischer Zeit gebräuchlich, seine Ursprünge reichen jedoch noch weiter zurück, in vorchristliche Traditionen. In den frühen christlichen Jahrhunderten wurde diese Praxis zunächst gemieden, da sie mit heidnischen Bräuchen assoziiert war. Später fand sie jedoch Akzeptanz, als die Texte eine stärker spirituelle und religiöse Ausrichtung erhielten.
„Dürfen wir singen?“
Im modernen Griechenland sind traditionelle Weihnachtslieder weiterhin tief verwurzelt und präsentieren eine lebendige und beeindruckende Vielfalt regionaler Variationen, die das reiche kulturelle Erbe des Landes widerspiegeln. Die Texte integrieren häufig lokale Dialekte und Ausdrücke, während die Melodien von unterschiedlichen musikalischen Einflüssen geprägt sind. Auf den Ionischen Inseln zeigen die Weihnachtslieder italienische Einflüsse, während die Lieder aus Thrakien von osteuropäischen Klängen inspiriert sind. In Epirus dominiert ein nüchterner, besinnlicher Ton, im Gegensatz zu den lebhaften, tanzbaren Rhythmen der Kykladen.
In Athen hingegen sind populäre Mainstream-Weihnachtslieder besonders verbreitet, wobei in den letzten Jahren auch angelsächsische Weihnachtslieder an Beliebtheit gewonnen haben. Einige dieser Lieder wurden ins Griechische übersetzt und oft in Kombination mit traditionellen Kalanda aufgeführt. So mögen die Texte vollständig griechisch klingen, während die Melodien überraschend vertraut wirken.
Der Brauch ist besonders auf dem Land lebendig, doch auch in den Städten bleibt er eine feste Tradition. In Athen, wo die Kalanda mit beeindruckender Vitalität gepflegt werden, erwarten Familien voller Vorfreude die jugendlichen Chöre vor ihren Haustüren. Ausgerüstet mit klimpernden Triangeln ziehen Kinder in Gruppen los und verbreiten an Heiligabend, Silvester und am Dreikönigsabend (5. Januar) eine festliche Atmosphäre. Der helle, klare Klang der Triangel begleitet ihre Gesänge, zieht die Aufmerksamkeit auf sich und gibt ihrem Spiel einen mitreißenden Rhythmus.
Mit einer fröhlichen Frage, „Να τα πούμε?“ – sinngemäß „Dürfen wir singen?“ – beginnen die Kinder ihr musikalisches Ritual. Eine Ablehnung gilt als schlechtes Omen, doch wer könnte schon den temperamentvollen Liedern und den herzlichen Wünschen dieser kleinen Botschafter der Festtage widerstehen?
Die Darbietungen der Sänger werden mit Taschengeld und Süßigkeiten (in der Regel ersteres) quittiert, ein einfacher, aber bedeutungsvoller Austausch, der diese geschätzte Tradition am Leben erhält.
Die Neujahrslieder spiegeln die Bedeutung des bevorstehenden Jahres wider und vereinen die Feier der Geburt Christi mit der Ehrung des Heiligen Basilius, einer zentralen Gestalt der griechisch-christlichen Tradition. In einem dieser Lieder wird das neue Jahr freudig begrüßt: „Ein neuer Monat, ein neues Jahr, mein großer Rosmarin, mögen wir alle das Jahr gut beginnen.“
Diese Worte verkörpern Hoffnung und Optimismus, die das Anbrechen eines neuen Jahres begleiten, und verbinden sie mit der tief spirituellen Verwurzelung der Tradition.
Die Kalanda, deren Ursprünge Jahrtausende zurückreichen, haben sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt, bleiben jedoch fest in den festlichen Bräuchen Griechenlands verankert. In einer sich stetig wandelnden Welt bewahren sie ihre Bedeutung – eine einfache, aber kraftvolle Erinnerung an die Schönheit gemeinsamer Traditionen und die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Von Olivenzweigen bis zu Tannen
Historiker führen das Wort „Kalanda“ auf das lateinische calenda zurück, was „Anfang des Monats“ bedeutet und vermutlich auf die römischen Neujahrsfeiern im Januar verweist. Der Brauch des Sternsingens selbst hat möglicherweise seine Wurzeln in der antiken griechischen Tradition der Eiresione. Im Rahmen dieser Zeremonie sangen Kinder Lieder und trugen geschmückte Olivenzweige, dekoriert mit Wollgirlanden und Herbstfrüchten wie Feigen, Walnüssen, Mandeln und Kastanien.
Diese Praxis war ein zentraler Bestandteil des Pyanepsia-Festes im antiken Athen, einer Feier zu Ehren Apollons. Das Fest diente der Bitte um reiche Ernten und den Schutz der Feldfrüchte. Ähnlich wie bei den heutigen Kalanda zogen Kinder damals von Haus zu Haus, sangen Lieder und erhielten dafür kleine Gaben. Diese Parallelen unterstreichen, wie alte Bräuche über Jahrtausende hinweg weiterleben und sich in modernen Traditionen wiederfinden.
Mit dem Aufstieg des byzantinischen Religionsregimes wurde die Praxis des Sternsingens als heidnisch verurteilt und schließlich verboten. Dennoch führten Griechen, die ins Ausland reisten, Elemente dieser Tradition in nördliche Kulturen ein. In Regionen, in denen es kaum Olivenbäume gab, passten sich die Menschen an, indem sie Tannenzweige schmückten – und legten so den Grundstein für den Weihnachtsbaum, den wir heute kennen.
Jahrhunderte später kehrte die Tanne als westlicher Weihnachtsbrauch nach Griechenland zurück, eingeführt von den Bayern während der Herrschaft von König Otto. Im Jahr 1833 wurde der Ölzweig des antiken Eiresione symbolisch durch die Tanne ersetzt, die erstmals in den Palästen von Nafplio, der ursprünglichen Hauptstadt des neu gegründeten griechischen Staates, geschmückt wurde.
Zur traditionellen griechischen Weihnachtsdekoration gehören auch Modellboote, die auf den Gott Dionysos anspielen. Während des Anthesteria-Festes, das dem Wein, der Vegetation und der Fruchtbarkeit gewidmet war, symbolisierten Schiffsmodelle die Ankunft des Gottes über den Seeweg. Obwohl das geschmückte Boot heutzutage größtenteils von der Tanne abgelöst wurde, bleibt es eine subtile Hommage an das maritime Erbe Griechenlands. Diese Dekoration erinnert an die tief verwurzelte Verbindung des Landes mit dem Meer und seiner Geschichte.
Wenn Sie also in dieser Weihnachtszeit durch die glitzernden Straßen Athens schlendern, halten Sie Ausschau nach den bezaubernden Klängen der Kalanda. Lassen Sie sich von ihren Melodien einladen, die Magie der griechischen Weihnacht zu erleben und in die festliche Atmosphäre einzutauchen.
Weihnachtskalanda:
Guten Abend Adlige
Wenn dies dein Wille ist,
Christi heilige Geburt
Darf ich in deinem edlen Haus singen?
Christus wird heute geboren
In der Stadt Bethlehem
Der Himmel freut sich
Die ganze Natur ist glücklich.
In der Höhle wird (Er) geboren
In einer Krippe für Pferde
Der König der Himmel
Der Schöpfer von allem.
Eine Menge Engel singen,
„Ossana in excelsis“,
Und Stechpalme ist
Der Glaube der Hirten.
Aus Persien kommen drei Magier an
Mit ihren Geschenken
Ein heller Stern zeigt ihnen den Weg
Ohne Verzögerung.
In dieses Haus sind wir gekommen
Möge kein Stein jemals knacken
Und der Vermieter
Kann viele Jahre leben.
(Weihnachtskalanda -Übersetzung: https://deutsch.wikibrief.org/wiki/Kalanta_Xristougenon)
Quellen, Fotos:
(PS)