In der modernen griechischen Geschichte war Tinos das wichtigste Zentrum der Marmorverarbeitung, also der Kunst der Gewinnung und Verarbeitung von Marmor, und insbesondere die Region Exo Meria, ein Gebiet mit kargem Boden, aber reich an Marmor (weiß, grau, grün) und mit vielen Steinbrüchen. Die Kunst wird hier vom Vater an den Sohn weitergegeben und sie hat große Marmorarbeiter und berühmte Künstler hervorgebracht, die in ganz Griechenland, aber auch in Kleinasien, Konstantinopel, Rumänien, Südrußland und Ägypten Monumente ihrer Kunst hinterlassen haben.

Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Marmorkunst auf Tinos systematisiert, indem Steinbrüche eingerichtet und organisiert, Entwürfe ausgearbeitet, mehr Handwerker gefördert und die Produktion gesteigert wurde. Im 19. Jahrhundert intensivierte sich der Marmorabbau auf der Insel, und die Kunst erhielt einen stärkeren Werkstattcharakter. Es gibt zwei Hauptaspekte dieser Kunst: den empirisch-praktischen / angewandten Bereich und den künstlerischen Bereich mit ästhetischen und kreativen Bestrebungen.

Das Dorf Pyrgos auf Tinos ist berühmt für seine jahrhundertealte Geschichte der Marmorsteinmetze, und das Dorf selbst wurde zum Freilichtmuseum für Volkskunst ernannt. Der Bildhauer Giannoulis Halepas und der Maler Nikiforos Lytras wurden in Pyrgos geboren, und das Dorf beherbergt auch ein Museum, in dem große Werke der beiden zu sehen sind. Die Marmorkunst erfuhr in späteren Jahren eine enorme Aufwertung dank der Gründung der Berufsvorbereitenden Schule der Schönen Künste von Panormos, welche große Marmorbildhauer hervorgebracht hat. Die Marmorkunst von Tinos blüht heute, angepasst an die modernen Bedürfnisse der Werkstätten, der Marmorhandwerker und der Marmorbildhauer. Die Leistungen der Tinianer in der Marmorkunst sind auch heute noch bewundernswert, und sie bleiben der Tradition ihrer Vorfahren treu.

Die Marmorkunst auf Tinos wurde registriert:
– im Nationalen Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes Griechenlands im Jahr 2013
– in der Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO im Jahr 2015.

Das Museum für Marmorhandwerk
Marmorskulpturen sind ein wesentlicher Bestandteil der Kultur und Tradition von Tinos. Das Museum befindet sich in Pyrgos, dem Geburts- und Schaffensort großer Vertreter der Marmorkunst und es trägt dazu bei, die Erinnerung an sie wachzuhalten. Das Museum für Marmorhandwerk in Pyrgos ist ein einzigartiges Beispiel für die Präsentation der Marmortechnologie. Die Dauerausstellung beschreibt detailliert und anschaulich die Vielfalt der Marmorwerkzeuge, Geräte und Techniken der Marmorbearbeitung und legt den Schwerpunkt auf das vorindustrielle Tinos.

Sie umfasst eine Sammlung authentischer Objekte, weltlicher und kirchlicher Grabsteine, Türstürze, Wappen, Ton- und Gipsabgüsse, Marmorbearbeitungswerkzeuge, mechanische Geräte, Zeichnungen, Archivmaterial und audiovisuelles Material, das die traditionellen Arbeitsmethoden des Steinbruchs, des Marmorhandwerkers und des Marmorbildhauers zum Leben erweckt.

Diese bemerkenswerte Anzahl von Originalobjekten wurde vor allem dank der Aufmerksamkeit von Einzelpersonen und Institutionen gesammelt, die sie der Stiftung geschenkt oder geliehen haben. Die Ausstellung erstreckt sich auf die Außenräume des Museums. Die historischen mechanischen Geräte, die im Außenbereich des Museums präsentiert werden, rekonstruieren typische Modelle von entsprechenden Arbeitsplätzen. Die „Stiftung für die Tinos-Kultur“ unterstützt die umfassendste Ausstellung von Werken des führenden Bildhauers aus Tinos, Giannoulis Halepas, mit 22 Skulpturen, 15 Gipsskulpturen, 3 Ton- und 4 Bronzeskulpturen.

Das Ministerium für Kultur fördert die Marmortradition von Tinos durch die Erweiterung und Modernisierung der Vorbereitungs- und Berufsschule für Bildende Künste von Panormos auf Tinos, bekannt als Schule für Marmorhandwerk von Tinos, als auch mit der Modernisierung der Hauses von Giannoulis Halepas, indem es das Projekt mit einem Budget von 13.512.786 Euro und einem Fertigstellungstermin bis Ende 2025 in den Wiederherstellungsfonds aufnimmt.

Die Arbeiten für das Projekt zur Modernisierung der Schule und zur Restaurierung, Instandhaltung und Einrichtung des Hauses von Giannoulis Halepas begannen im Juli 2021 mit dem Besuch der Ministerin für Kultur, Lina Mendoni, auf Tinos. Wie Lina Mendoni bei ihrem jüngsten Besuch (Mai 2023) feststellte: „Tinos hat eine große Tradition im Bereich der Marmorverarbeitung, die im Nationalen Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes Griechenlands (2013) und in der Repräsentativen Liste der UNESCO (2015) als immaterielles Kulturerbe eingetragen ist. Unzählige Kunsthandwerker haben hervorragende Kunstwerke geschaffen und gleichzeitig dazu beigetragen, den besonderen Charakter von Tinos zu prägen und zu bewahren. Auf der Insel sind Künstler mit einer einzigartigen künstlerischen Vision aufgewachsen. Der bedeutendste ist Giannoulis Halepas, ein führender Vertreter der modernen griechischen und europäischen Bildhauerkunst. Die Schaffung der neuen Einrichtungen der Vorbereitungs- und Berufsschule für Bildende Künste verleiht der Schule eine neue, moderne und internationale Dynamik und leistet einen katalytischen Beitrag zur Ausbildung junger Marmorbildhauer, die das Ministerium für Kultur und Sport – noch mehr als heute – in Denkmalprojekten einsetzen möchte. Gleichzeitig wird durch die Restaurierung des Halepas-Hauses und des besuchbaren Raums, in dem persönliche Gegenstände, Skulpturen und Zeichnungen des großen Bildhauers von Tinos aufbewahrt werden, die Authentizität und Historizität des Hauses durch die angemessene Präsentation der Exponate und der beweglichen Ausstattung hervorgehoben und das Werk und die Bedeutung des großen Bildhauers geehrt. Unser Ziel ist es, die Arbeit von Halepas stärker zu ehren und die Voraussetzungen für eine angemessene und bessere Ausbildung der jungen Menschen auf der Insel zu schaffen, die die Neigung, den Willen und das Interesse haben, sich mit der Kunst des Marmors zu befassen, aber auch das Entwicklungspotenzial, das eine solche Investition für die Insel bieten kann“.

Die erwähnten integrierten architektonischen Restaurierungsprojekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung junger Marmorbildhauer und zum Schutz des kulturellen Erbes und der Tradition von Tinos.

Quellen, Fotos:

https://ayla.culture.gr/tiniaki_marmarotexnia/
https://tinostoday.gr/tiniaki-marmarotexnia-2020/
https://www.e-kyklades.gr/showroom/tourism/MOUSEIOMARMAROTECHNIAS?lang=el
https://www.visitgreece.gr/el/experiences/culture/museums/the-museum-of-marble-crafts-on-tinos/
https://www.archaiologia.gr/blog/
https://tinos-about.gr/business/mouseio-marmarotechnias/

(PS)