Anlässlich des Internationalen Frauentages, war die Griechische Publizistin, Schriftstellerin und ehemalige Radioredakteurin, Danae Coulmas, Gast in der Redaktion des GR_Aktuells. Danae Coulmas, die seit den 1960er Jahren in Deutschland lebt, hat sich aktiv gegen die griechische Militärdiktatur (1967-1974) gesetzt und bleibt eine unermüdliche Beobachterin der Entwicklungen der griechisch-deutschen Beziehungen. Mit ihren Veröffentlichungen und Übersetzungen hat Danae Coulmas einen bedeutenden Beitrag zur Verbreitung der griechischen Literatur im deutschsprachigen Raum geleistet.  

Hier das Interview:

– Wie haben Sie die Frauenbewegung in Deutschland der 1960erund 1970er Jahre als eine junge Frau erlebt? Inwiefern haben diese sozialen Entwicklungen Sie als Autorin und Frau geprägt?

Ich trage ab und zu noch heute eine kleine Brosche, historische Abbildung der Schleife, welche die Sufragetten trugen, als sie für das Wahlrecht der Frauen auf die Straßen Londons gingen … Sie ist bunt und schön und hat heute noch ihren Sinn. Man sollte sie auch heute, auch in Deutschland tragen, denn noch nicht alles ist gut …

Aber ich möchte etwas Allgemeineres vorausschicken. Als ich nach Deutschland kam, war ich zweiundzwanzig Jahre alt mit so etwas wie einer  inneren Haltung, die dem Willen gleichkam, in diesem Land zu leben, mich gerne zu integrieren und  zugehörig zu fühlen, aber auf keinen Fall, mich assimilieren zu lassen. Das war ein Lebensentwurf, der sich bestätigte, besonders im beruflichen Leben, denn es verlief in guten und in schlechten Zeiten, meistens in  griechischer Umgebung.

Aber zurück zu den Frauen. In dem Land, in das ich gekommen war, sprach man damals wenig über den  noch so nahen Krieg. Die Menschen trugen offensichtlich eine schwere Last, die schwerer wog als unsere Nicht-Bewältigung des Bürgerkriegs in Griechenland. Wer für meine Ohren vernehmlich sprach, das waren die Frauen. Die deutsche Frauenbewegung äußerte sich laut auf  jede Art und Weise, juristisch, politisch, sozial und international ausgerichtet, so z.B. bei linken Initiativen und Gruppierungen, die sich besonders für den Weltfrieden einsetzten: „die Christin neben der Marxistin, die Hausfrau mit der Berufstätigen, die Wissenschaftlerin mit der Arbeiterin“, wie es hieß. Ich war selbstverständlich dafür.

Das hatte aber einen griechischen Ursprung. Ich weiß nicht, welche frühen Erziehungsnormen mich gerade in Griechenland der 50er Jahre, wo die traditionelle Rolle der Frau noch vorherrschend war, prägten. Sicherlich nicht die Lektüre von  Kalliroi Parren in “Die Zeitung der Damen“ (1887 -1917) über die Frauenemanzipation – das kam viel später, als Bildungsgut. Einen wesentlichen Einfluss haben hingegen zwei Frauen auf mich gehabt: Eine fortschrittliche  Geschichtslehrerin – die Ausnahme im Lehrkörper meiner eminent nationalistischen Schule -, die uns Abiturientinnen zu autonomen Individuen erziehen wollte; und meine Mutter, die einfach der Meinung war, eine Frau muss trotz Ehe und Familie unabhängig sein, d.h. einen Beruf ergreifen.

Wie auch immer, in Deutschland verfolgte ich natürlich die Entwicklung der Frauenbewegung, jedoch ohne mich ernsthaft damit zu beschäftigen. Zwei Ereignisse, beide von geschichtlicher Relevanz, hinderten mich daran: die Kulturevolution der ´68er und die Militärdiktatur in Griechenland. Mitte der 1960er Jahre war ich wissenschaftliche Assistentin im Romanischem Seminar der Universität Hamburg, kurz bevor die Studentenbewegung die deutschen Hochschulen  erfasste. Welche Befreiung. Vor eine Wiese vor der Uni zogen wir mit langen Seilen das Denkmal eines deutschen Kolonialisten von seinem Sockel geholt.  Ulrike Meinhof, damals noch in Hamburg, schrieb ihre Artikel in der Zeitschrift „konkret“, die bald danach, im Jahre 1969, mit der Titelgeschichte „Freiheit für Mangakis“ herauskam. In Griechenland herrschten seit einiger Zeit die Obristen. Die Griechen in Deutschland hatten, nicht wie die jungen Leute in Berkley, Paris, Berlin und anderswo, die erwünschte Veränderung der Gesellschaft im Sinn, sondern den Kampf gegen eine Militärdiktatur in ihrem Heimatland.

GR book

– Sie waren lange als Radioredakteurin bei der Griechischen Sendung der Deutschen Welle in Köln (1969-1974) tätig – die auf Kurzwelle in Griechenland ausgestrahlt wurde. Welche Zeit war für Sie äußerst kritisch oder bemerkenswert?

Bemerkenswert und auch kritisch war die Zeit bei der Deutschen Welle all die Jahre hindurch, bis zum Fall der Junta. 1968 sind wir nach Köln umgezogen. Mein Mann, Peter Coulmas, war inzwischen im Westdeutschen Rundfunk als politischer Kommentator tätig. Ich arbeitete im Romanischen Seminar der Universität Köln mit dem festen Ziel, mich zu habilitieren. Da wurde mir von der Deutschen Welle eine Stelle als Mitarbeiterin des Griechischen Programms angeboten, das sich,  inzwischen politisiert, gegen das Regime positionierte. Ich nahm sie an. Dessen bewusst, dass ich möglicherweise nie wieder nach Hause kommen würde. Und dass die Kinder in der Fremde aufwachsen würden, in Freiheit zwar, doch abgeschnitten von der sinnlichen Wahrnehmung Griechenlands und auch ohne griechische Schulbildung, da die griechischen Schulen in der Bundesrepublik in den  Händen des Regimes lagen. 

Aber die Herausforderung und der Gewinn waren unschätzbar. Etwas gegen das Verhängnis tun können. Einen allabendlichen Kontakt mit den Hörern haben,  ihnen ihre Würde wieder  geben, eigentlich auch ihre Sprache, die man ihnen in ihrer Funktion als freie Meinung genommen hatte. Und die Dinge beim Namen nennen, gegen Desinformation und Isolation; was nicht immer leicht war, da die Bundesrepublik Deutschland zu Griechenland diplomatische Beziehungen unterhielt und unsere deutschen Vorgesetzten unter dem Druck der politischen Führung standen und uns zur Mäßigung warnten. Wir sprachen sogar von einem Doppelfront–Krieg. Dennoch. Die griechische Sendung war die Stimme des Widerstands. Wir hatten das Mikrophon eines Auslandssenders in der Hand und die Unterstützung der Deutschen, eine Solidarität, die durch alle Schichten der Gesellschaft hindurchging.

Es war eine schwere und zugleich eine hohe Zeit einer permanenten Spannung. Ich gehe hier nicht auf die besondere Momente im politischen Bereich ein  – aktuellste Nachrichten, brisante Kommentare, Interviews mit exilierten Politikern aller Parteien – und beziehe mich auf dem kulturellen Bereich, in dem ich u.a. die Namen von drei deutschen Schriftstellern erwähne: Die beiden Nobelpreisträger Günther Grass und das Gespräch mit ihm vor seiner Reise nach Athen im März 1972, wo er die Obristen mit seiner Rede brandmarkte: „Weil ihnen (den Griechen) die demokratischen Rechte genommen wurden, sind unsere bedroht …“; Heinrich Böll, der, auf die Frage, was er von der angeblichen „Liberalisierung“ durch die Regierung Markesinis hielte, antwortete: „Nichts. Denn ein bisschen Demokratie kann es nicht geben, es gibt keine Dosierung der Demokratie“ – Böll hatte Listen von Gefangen mitgebracht, die er dem PenClub International vorlegen wollte; und Günther Wallraff, zu dessen Aktion auf dem Syntagma-Platz wir bei der Vorbereitung beitrugen.

Bemerkenswert, vielleicht auch kritisch waren auch die kontroversen Sendungen über die sogenannten „18 Texte“, eine Sammlung antidiktatorischer Beiträge  einer Gruppe von Autoren verschiedener politischer Provenienz, von Giorgos Seferis, den Konservativen, bis Jannis Ritsos, den Kommunisten. Geschrieben in der Signalsprache der Diktaturen. Diesen Autoren wurden von einigen Kollegen in der Redaktion kritisiert, weil sie mit ihrer Edition einer angeblichen „Toleranz“ des Regimes Vorschub leisteten, und das, uneingesehen der Repressalien, die diesen Autoren drohten. Ich fragte mich, mit Bertolt Brecht, warum, wenn es so wäre, die Unterdrücker in aller Welt, mit all ihren Lagern und ihren Folterkellern, so viel Angst vor dem Wort haben? Dem kritischen Wort, den kritikos logos. Als ich mich um die Übersetzung und Herausgabe einer Auswahl dieser Texte beim Fischer Verlag bemühte, brauchte ich mich um Argumente nicht zu sorgen, es war für den Verlag ein demokratisches „Muss“. Es entstand „Die Exekution des Mythos am frühen Morgen statt“ (1).

Aber der äußerst kritische Augenblick zur Zeit der Deutschen Welle waren die drei Tage des Studentenaufstandes in der Technischen Hochschule Athen, am 16.,17., und 18. November 1973. Drei historische Tage, drei historische Sendungen.

Die Worte der im Polytechnikum eingeschlossenen Studenten in ihrem improvisierten Sender, der nur begrenzt hörbar war, und die Geräusche der heranrückenden Panzer wurden – am nächsten Tag auf Kurzwelle aus Köln gesendet – auf ganz Griechenland verbreitetet. Wir waren das Echo, Geschichte live.

Am Tage, an dem die Junta fiel, den 23.7.74,  wussten wir es in Köln,  alle: Die antidiktatorische, griechische Sendung der Deutschen Welle war ein Höhepunkt in den deutsch-griechischen Beziehungen. Eine historische Aufgabe war erfüllt – im übrigen auch als Rundfunkgeschichte. Eine Zeit des Vertrauens.

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– Neben Ihren mehreren Tätigkeiten, haben Sie auch zwischen 1975-1998 als Presserätin der griechischen Botschaft in Bonn gearbeitet. Wie könnten Sie heute, Ihre Rolle als Schriftstellerin und Übersetzerin und Ihre damalige Rolle als Beamtin betrachten?

 – Was die Beamtin angeht, denke ich,  war eine besondere Situation. Ich war in der Bundesrepublik Deutschland tätig, d.h. in dem einen Teil eines geteilten Landes. Dessen Hauptstadt, Bonn, ein Provisorium war. Eine als solches gewählte kleine Stadt mit einer großen Beethoven -Statue in ihrer Mitte, um die sich die Regierungsgebäude, die Missionen aus aller Welt, internationale Organisationen und Residenzen, nah bei einander lagerten, am Ufer des Rheins. In dieser gemütlichen Stadt im mächtigsten Land Europas könnte man erleben wie die Weltpolitik, von noch mächtigeren Zentren, zu Momenten einer geradezu erträumten Geschichte führen kann: Versammelt im Pressebüro verfolgten wir eines Tages, den Fall der Mauer, die durch das Herz Europas lief. Und dachten an Zypern.

Als Presserätin der Griechischen Botschaft hatte ich den Bonus bei einem deutschen Medium gearbeitet zu haben, das sich in finsteren Zeiten  für die Demokratie in Griechenland eingesetzt hatte; und besaß den Vorteil, viele unter den Journalisten und Publizisten zu kennen, mit denen schon damals wir Beziehungen unterhielten. Gerade die offizielle, aber kollegiale Pressearbeit im Bereich der Repräsentanz eines Landes war für mich faszinierend  und unterschied sich, im übrigen, in eine Hinsicht jedenfalls, nicht vom meiner vorigen Tätigkeit: Man war potentiell immer präsent, auch als der Fluss der Informationen noch nicht das Tempo, ja die Simultaneität  heutiger digitaler Technik erreicht hatte.

Nein, Schriftstellerei und Übersetzungstätigkeit waren kaum möglich, mit Ausnahme der Herausgabe zweier Anthologien, „Griechische Erzählungen des 20. Jahrhunderts“ und „Griechische Lyrik des 20. Jahrhunderts“ (Insel Verlag) – deren Notwendigkeit  bei der Vermittlung des kulturellen Bildes Griechenlands mir evident war und am Herzen lag.  Auch wenn das nur ein „Nebenbei“ gewesen ist.

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– Ihr historischer Roman „Schliemann und Sophia: Eine Liebesgeschichte“ war und ist noch ein durchaus beliebtes Buch im deutschsprachigen Raum. Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit dieser Recherche zu beschäftigen und diese Geschichte ans Tageslicht zu bringen?

 Das wiederum hat mit den Frauen zu tun. Es war nach der Beendigung meiner Tätigkeit als Presserätin. Ich wurde eines Tages vom Verlag Rowohlt – Berlin gefragt, der eine Reihe Doppelbiographien von berühmten Paaren herausgab, ob ich nicht über ein griechisches Paar schreiben wollte und im Gespräch fielen die Namen des deutschen Schliemann und seiner griechischen Frau Sophia. Das schien perfekt zu sein. Nur zu eine Doppelbiographie gehören zwei einigermaßen gleich interessante Gestalten und Sophia schien in der einschlägigen Literatur wie ein Konstrukt: Als die ihrem genialen Mann gegenüber untertänige, schöne Griechin, den Blick stets auf ihn gerichtet, auf die legendäre Figur der deutschen Archäologie, Heinrich Schliemann. So lehnte ich diesen Vorschlag ab. Aber, zufällig in Athen, blätterte ich doch in der Gennadeios Bibliothek, die das Schliemann Archiv beherbergt, in der Korrespondenz des Paares. Und da tauchte buchstäblich eine andere Sophia auf, eine Frau, die ihrem berühmten Mann gegenüber ihre Meinung  nicht nur bravourös verteidigte, sondern im Leben des Paares die Hüterin der Ordnung wurde, ihre Kinder als Alleinerziehende groß zog und den Archäologen keineswegs immer als „Archäologin“, die sie nicht war, begleitete.  Eine junge, „verkaufte“ Braut, hat sie sich ihrem Schicksal als Frau eines berühmten, alten und tyrannischen Mannes  nicht ergeben, sondern sie nahm ihn ernst, was zu Szenen einer Ehe führte, nachzulesen  in ihrer beiden Briefen. In denen sie beide aber immer wieder von ihrer Liebe sprechen. – So schrieb ich das Buch dann doch (2).

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– Nachdem Sie von so vielen Seiten die griechisch-deutschen Verhältnisse über die Jahrzehnten erlebt haben, wie schätzen Sie heute die griechisch-deutschen Beziehungen ein?

Um das zu beurteilen, glaube ich, muss  man zweierlei bedenken. Zu einem, dass das Verhältnis der beiden Völker stet vom Extrem zum Extrem hohe Wellen schlägt. So z.B. vom Philhellenismus (ein besonders deutsches Phänomen der Selbstfindung) bis zum Krieg und der Besatzung Griechenlands durch das nationalsozialistische Deutschland. Wobei in Deutschland darüber eine allgemeine Ignoranz herrschte und weitgehend noch herrscht, welche die Wahrnehmung der Tatsachen hindert; und ebenso ein offenbar zum Teil willentliches Verdrängen (zu verfolgen in der  Behandlung der Frage der Wiedergutmachung in der Nachkriegszeit). In den letzten Jahren werden allerdings, zumindest auf dem Gebiet wissenschaftlicher Forschung, einige wichtige Schritte gemacht. Neben der Aktivitäten im Rahmen universitärer Projekte, wie Tagungen und Kongresse, werden auch kleinere und größere Publikationen herausgegeben, wie im Böhlau Verlag (Köln-Wien-Weimar) von Chryssoula Kambas und Marilisa Mitsou in der neuen Reihe „Griechenland in Europa, Kultur – Geschichte – Literatur„. 

Zum anderen  muss man bedenken, dass wir noch vor kurzem, während der internationale Wirtschaftskrise, einen Tiefpunkt der Beziehungen erlebten, charakterisiert durch extreme, gegenseitige Aggressivität. Die Griechenland aufoktroyierten Austeritätsmaßnahmen  führten in keinem europäischen Land zu solcher Animosität (nicht nur in Presse und Massenmedien) gegenüber dem verschuldeten Land wie in Deutschland. Die Stereotypen standen in beiden Ländern parat: gegen Griechenland war es die griechische Antike, die man injuriös behandelte; gegen Deutschland holte man Symbole aus dem Reservoir des Dritten Reiches, die man Politikern verpasste (übrigens nicht nur in Griechenland). Man fragte sich, ob ein solcher Zusammenprall je überwunden werden würde. Stereotype sind zäh und abrufbar. Affinitäten aber auch. Ein positiver Zwang von beiderseitigen Interessen und die Notwendigkeit einer funktionierenden politischen Kultur lassen uns heute die beiderseitigen Beziehungen enger gestalten.

– Wie beurteilen Sie die Entwicklung der deutschen Gesellschaft während der letzten Jahrzehnten? Ist heute, Ihrer Meinung nach, die europäische Idee noch beliebt in Deutschland?

Während der letzten Jahrzehnte … – das ist eine lange Zeit und die Sache differenzierter Historiographie. Aber plakativ gesprochen, kann man vor der Wiedervereinigung  von einer von ihren Traumatas genesende Gesellschaft in der Bundesrepublick sprechen, wirtschaftlich erfolgreich, auf hohem sozialen Niveau sich haltend, und von demokratischer Stabilität geprägt. Nach der Wiedervereinigung scheinen allerdings die daraus erzeugten sozioökonomischen Probleme nicht überwunden zu sein. Was die Gegenwart angeht, vermute ich, dass das bisherige Bewusstsein ein Wirtschaftswunder vollbracht zu haben, für die Deutschen nicht mehr zur Identitätsstiftung reicht. Anomalitäten entstehen.  Wie die sich zusehends öffnende  „Schere“ zwischen Arm und Reich – man sieht bettelnde Menschen vor den Toren der Kirchen und den Türen der Banken und Obdachlosen in Kinoeingängen. Der Populismus nimmt an parlamentarischer Stärke, besonders in den alten Bundesländern der ehemaligen DDR zu. Die großen Volksparteien verlieren vor wachsenden, heterogenen Bedürfnissen der Bevölkerung an Stärke, Koalitionen werden immer schwieriger, Kompromisse werden nötig.  Die Harmonisierung der sozialen Standarts im Rahmen Europas wird indessen dringender. Allerdings ist das, wie man weiß, kein rein Deutsches Problem. Man darf allerdings nicht vergessen, dass die Zuwanderung der letzten Jahre, die das Land innenpolitisch spaltete, wirtschaftlich keinerlei negative Folgen gezeitigt hat, und dass, trotz der existierenden sozialen Problemen, die Bemühungen zur Hilfeleistung und zur Integration seitens der Bevölkerung und der zuständigen Stellen in Deutschland durchaus als positiv zu bewerten sind.

Was Europa betrifft, die Zahlen sprechen für sich. Über 60% bekennen sich zur EU, ein unerwartetes Rekord. Der Wunsch nach  Europa wehrt sich vor dem Ansturm seiner Populisten vor den nächsten Wahlen, die europäische Idee ist besonders in Deutschland zur Waffe gegen die antieuropäische Kräfte des rechten Spektrums. Man hat den Eindruck, dass Worte wie Gleichheit und Demokratie, sich der politischen Rhetorik – mag sie auch noch so ehrlich sein – entledigen und einen pragmatischen Sinn und neue Kraft bekommen, der einen optimistisch stimmen.

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  1. „Die Exekution des Mythos fand am frühen Morgen statt – antidiktatorische Texte aus Griechenland“, Fischer Taschenbuch Verlag; 1983 im Romiosini Verlag, Köln;  2017 in in der Edition Romiosini, Centrum Modernes Griechenland (CeMoG) der Freien Universität Berlin, unter dem Titel „Die Exekution des  Mythos“,  on-line.
  2. s.o. Piper Verlag, München 2001.

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Das Interview führte Chrysoula Archontaki

Collage timon DW
„Die Jahre der Griechischen Dikatur (1967-1974)“, Dokumentarfilm von Timon Koulmasis (Video, Farbe, 80 min – 2009/2010).