„Die Liebe ist das Gegenmittel gegen den Egoismus – sei er national, rassistisch oder religiös –, der das friedliche Zusammenleben von Menschen und Völkern vergiftet.“ |
Der verstorbene Erzbischof von Tirana, Durrës und ganz Albanien, einer der angesehensten und einflussreichsten Bischöfe der letzten Jahrzehnte, ist im Alter von 95 Jahren verstorben und hinterlässt ein reiches Vermächtnis. Er war eine vielseitige Persönlichkeit – beharrlich, engagiert, unermüdlich und voller Lebenskraft –, die Brücken zwischen Menschen baute, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit.
Er setzte sich sein Leben lang für das friedliche Zusammenleben von Gemeinschaften mit unterschiedlichen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen ein und lehrte stets den Wert des Dialogs und der Versöhnung. Sein Glaube an eine Liebe, die jede Diskriminierung überwindet, war seit seiner Jugend der Mittelpunkt seines Lebens.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/421327949_831485688989367_5686080104510663153_n.jpg)
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/anastasios5-1024x576.jpg)
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/h0238670-e1736606717293-900x600-1.webp)
Ein besonderes Kapitel in dem vielseitigen und unermüdlichen Leben von Anastasios war seine missionarische Tätigkeit in Afrika ab 1959. In Kenia, Zaire, Tansania und Uganda – in Städten und Dörfern in ganz Subsahara-Afrika – predigte er den Glauben an Gott und rief zur gegenseitigen menschlichen Unterstützung auf.
Jahrzehntelang predigte Anastasios nicht nur das Evangelium in Afrika, sondern erforschte auch eingehend die afrikanischen Stämme und erlernte die Sprachen der Länder, in denen er wirkte. Er glaubte an die Verkündigung des Wortes Gottes in der Sprache, den Sitten und Bräuchen der Völker. Dabei war ihm bewusst, dass Sprachkenntnisse allein nicht ausreichten, um das Evangelium wirkungsvoll zu vermitteln. Er musste Wege finden, es an das Leben und die Gewohnheiten der afrikanischen Völker anzupassen.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/474658043_1170506397800685_4918151855378454151_n-1024x562.jpg)
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/anastasios3.jpg)
Sein umfassender wissenschaftlicher Hintergrund ist ebenfalls bekannt. Er war mehrsprachig und beherrschte neben seiner Muttersprache und Altgriechisch auch Englisch, Französisch, Deutsch und Albanisch. Darüber hinaus sprach er fließend Latein, Spanisch, Italienisch, Russisch und Swahili.
Zudem hatte er sich intensiv mit verschiedenen Religionen – darunter afrikanische Religionen, Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, Konfuzianismus und Islam – auseinandergesetzt und bereiste Länder, in denen diese Religionen stark verbreitet sind, darunter Kenia, Uganda, Tansania, Nigeria, Indien, Thailand, Sri Lanka, Korea, Japan, China, Brasilien, die Karibik, der Libanon, Syrien, Ägypten und die Türkei.
Das bedeutende Erbe in Albanien
Anastasios war von Januar 1991 bis Juni 1992 Patriarchalexarch in Albanien und gleichzeitig ab August 1991 Titularmetropolit von Androusa. Am 24. Juni 1992 wurde er zum Erzbischof von Tirana und ganz Albanien ernannt. Das Ökumenische Patriarchat übertrug ihm eine äußerst bedeutende kirchliche Aufgabe: Er sollte die Orthodoxe Autonome Kirche Albaniens aus den Ruinen wiederaufbauen. Diese war nach 46 Jahren der Verfolgung durch einen Staat, der sich selbst als „atheistisch“ bezeichnete, völlig zusammengebrochen.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/404132498_789900049814598_6579016254313246321_n.jpg)
Er gründete über 400 Pfarrgemeinden sowie die theologisch-priesterliche Schule (Akademie) „Anastasis“ („Auferstehung“ auf Deutsch) in Durrës (1992). Zudem rief er das kirchliche Gymnasium „Timios Stavros“ in Gjirokastra (1998) und in Sukth-Durrës (2007) ins Leben, die heute in privaten Gebäuden betrieben werden. Darüber hinaus errichtete er 50 Jugendzentren in verschiedenen Städten. Er bildete 145 neue Priester aus und ordinierte sie. Zudem förderte er die Veröffentlichung liturgischer und anderer religiöser Bücher.
Anastasios richtete einen technischen Dienst in der Kirche Albaniens ein und sorgte für den Wiederaufbau von 150 neuen Kirchen sowie die Restaurierung von 70 Klöstern und kirchlichen Kulturdenkmälern. Zudem reparierte er 160 Kirchen und 45 kirchliche Gebäude (darunter Erzdiözesen, Bischofshäuser, Schulen, Krankenhäuser, Herbergen, Jugendcamps usw.), insgesamt also 425 Gebäude. Er gründete das erste Frauenkloster (das Skete der Heiligen Myrrhenträgerinnen), in dem seit 2011 eine Nonne lebt.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/3746777813126128286.jpg)
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/alvan1-1024x681.jpg)
Anastasios förderte die kirchliche Wohltätigkeitsarbeit durch die Verteilung von Hunderten von Tonnen an Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten. Er gründete die erste orthodoxe albanische Zeitung „Ngjallja“, die Kinderzeitschrift „Gëzohu“ (Hail), die Jugendzeitschrift „Kambanat“ (Glocken), die wissenschaftliche Zeitschrift „Kërkim“ (Suche), das Bulletin „Nachrichten aus der Orthodoxie in Albanien“ sowie einen Radiosender.
Er setzte sich für die Einrichtung von kirchlichen Werkstätten (darunter Druckerei, Kerzenzieherei, Tischlerei, Werkstätten für Hagiographie und Ikonenrestaurierung) ein und kämpfte um die Rückgewinnung von kirchlichem Eigentum. Neben der Wiederherstellung der orthodoxen Kirche entwickelte er Programme in den Bereichen Bildung, Gesundheit, soziale Fürsorge, landwirtschaftliche Entwicklung, Kultur und Ökologie. Während der Kosovo-Krise (1999) organisierte er ein humanitäres Programm, das etwa 33.000 Flüchtlingen in verschiedenen Teilen Albaniens half.
Sein Angebot richtete sich jedoch nicht ausschließlich an die Orthodoxen des Nachbarlandes, sondern galt allen albanischen Bürgern, unabhängig von ihrer Religion. Einheit und sozialer Zusammenhalt waren eine der tragenden Säulen seiner Weltanschauung.
Der verstorbene Erzbischof von Tirana, Durrës und ganz Albanien, Anastasios Giannulatos, war der Inbegriff von Liebe, Selbstlosigkeit, Bildung, Stoizismus und Militanz – ein Mann, der Theorie mit Praxis verband.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/67949987150000170056b297.jpg)
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/anastasios-1024x683.jpg)
Auf diesem Prinzip der grenzenlosen Liebe und des Dialogs als Grundlage für Freiheit und Verständnis baute er Brücken zu Menschen und Religionen. Er war davon überzeugt, dass zwischenmenschliche Gespräche kein Luxus, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Friedens seien. Daher investierte er seine Anstrengungen in die Stärkung des Dialogs zwischen Orthodoxen, Muslimen und Katholiken.
Der Ökumenische Patriarch Bartholomäus ehrte ihn mit den Worten, Anastasios sei nicht nur ein Priester, sondern ein Leuchtturm. „Erzbischof Anastasios ist ein Geschenk des Himmels. Ein Geschenk für die Menschheit“, sagte Bartholomäus.
Auch das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, hatte ihn für sein unermüdliches Beharren auf Dialog und Frieden trotz widriger Umstände bewundert.
![](https://www.graktuell.gr/wp-content/uploads/sites/4/2025/02/arxiepiskopos_alvanias_anastasios4.webp)
Aufgrund dieser Aktionen wurde Anastasios im Jahr 2000 für den Friedensnobelpreis nominiert. In einer Welt, die sich nach Frieden und Verständnis sehnt, war Anastasios ein Leuchtturm, der den Weg zum Licht wies. Er hinterließ ein reiches Erbe und ebnete den Weg für seinen Nachfolger, für künftige Generationen und für die ganze Welt.
Quelle, Fotos:
(PS)