Alexander Jaschik wurde am 18. August 1989 in München geboren. 2009 begann er sein Regiestudium im Bereich Film & Fernsehen an der Macromedia Academy für Medien und Kommunikation und schloss 2012 den Bachelor of Arts ab.
Er schrieb und führte Regie bei dem Kurzfilm „Jean“ im Jahr 2012 und bei dem Kurzfilm „Bread & Olives“ im Jahr 2014.
2015 zog er nach Athen, Griechenland und begann mit dem Fotografieren und mit den Weblog-Projekte „Die Türen von Athen“ & „Die kleinen Geschichten von Athen“.
Er arbeitet als Regisseur, Drehbuchautor, Fotograf, Videograf, Video Editor, Social Media Manager / Content Creator, Blogger und Drohnenbediener. Seit 2019 arbeitet er bei der ICARUS Sports, Athen als Video Editor, Projektmanager, Videograf, Drehbuchautor als auch als Freelancer im Foto- und Videobereich, u.a. für Gastronomos.

Griechenland Aktuell sprach mit Herr Alexander Jaschik über seine Beziehung zu Griechenland und seine künstlerischen Projekte. 

  1. Welche Beziehung haben Sie zu Griechenland und wie hat sie begonnen?

Ich habe keine familiäre Beziehung zu Griechenland und wenn man so will, beginnt alles im Jahr 2012. 2012 entschieden sich Leonidas, seine Frau Theodosia und Vangelis, ein Freund von Ihnen, von Salamina nach München zu fahren, um einen Neuanfang zu wagen.

Die finanzielle Krise in Griechenland hatte Sie zu diesem Schritt bewogen. Mein Freund Iordanis, mit welchem ich zusammen Film studierte, entdeckte die drei in München und wollte ein Dokumentarfilmprojekt basierend auf ihrer Geschichte entwickeln, doch nach einem ersten Interview, zogen sie weiter ohne uns Bescheid zu sagen und Iordanis war ohne Projekt. Deswegen entschieden wir uns, die Geschichte zu fiktionalisieren und ich kam mit an Bord um mit Iordanis zusammen das Drehbuch zu entwickeln. Daraus entstand der Kurzfilm „Brot und Oliven“. Wir drehten einen Teil des Filmes Ende 2013 in Griechenland und ich kam zum ersten Mal ins Land und lernte dort eine völlig andere Kultur als die mir Bekannte kennen. Es war November und anstatt daheim in der Kälte zu frieren erlebten wir Abenteuer mit dem Filmdreh in Griechenland. Es gab von Anfang an viele Sachen in Griechenland in die ich mich schlagartig verliebte, der mediterrane Lifestyle liegt mir sehr und ich wollte schon immer mal eine Zeit lang im Ausland verbringen. 2014 drehten wir den Deutschland Teil des Films und ich wohnte für eine kurze Zeit in Berlin. Dort fühlte ich mich aber irgendwie sehr anonym, die meisten Leute die ich dort kannte, waren alte Freunde aus München. Weil wir auch noch einige Sachen mit dem Film zu erledigen hatten entschlossen Iordanis und ich 2015 eine WG in Athen zu gründen um für ein paar Monate zu bleiben. Wie man sieht, ist es ein bisschen länger geworden und mittlerweile würde ich über meine Beziehung zu Griechenland sagen, dass es ein fester Bestandteil meines Lebens geworden ist, ein Land in dem ich viele Leute kennen gelernt und vieles erlebt habe und dessen Kultur, Geschichte und allgemeinen Vibe ich sehr zu schätzen gelernt habe. Meine Frau ist Griechin, zusammen haben wir eine Tochter, das ist auch eine schöne Erfahrung, dass sie Einfluss von beiden Kulturen in ihrem Leben hat.

Wer weiß, wie mein Leben ausgesehen hätte wenn Leonidas, Theodosia und Vaggelis in Griechenland geblieben wären und dieser „Butterfly“- Effekt nicht eingetreten wäre.    

AJ1      2. Was fasziniert Sie am meisten an unserem Land: die Menschen, die Natur, die Städte, die Lebensweise?           

An Griechenland fasziniert mich vieles.

Es ist ein unglaublich vielfältiges Land gerade im Hinblick auf die Landschaften, es gibt unglaublich viel zu entdecken, jeder Ort mit seiner eigenen Geschichte und Tradition. Griechenland ist im Vergleich zu Deutschland weniger anonym, man kommt einfacher mit fremden ins Gespräch, außerdem so finde ich gibt es einen ausgeprägteren Gemeinschafts und Hilfsbereitschaftsfaktor durch das „gemeinsam Erlebte“ Leute kennen sich, oft fällt irgendwo ein Name und über irgendwelche Ecken kennt man den dann.

Ich mag den Sommer und das Meer, die Musik und die Kunst, ich denke gerade auch für jemanden der wie ich audiovisuelle Projekte betreibt, ist Griechenland ein unglaublich vielfältiges und fotogenes Land, alles mit dem ich mich kulturell beschäftige interessiert mich auch. Ich will die Zusammenhänge begreifen und weiterhin viel über und von Griechenland lernen.     

AJ2     3. In Ihrem Drone-Video „Street art in Greece (Athens & Piraeus)“ erscheint Athen im Grunde als eine hässliche Stadt, die jedoch für ihre Bewohner und die Besucher viele Überraschungen, wertvolles künstlerisches Potenzial und verborgene Geheimnisse birgt. Was gefällt Ihnen und was stößt Sie am meisten an unserer Stadt ab?

Das moderne Athen ist und das ist mir schon sehr früh aufgefallen eine Stadt mit sehr starken Kontrasten, das Alte, das Neue, das Arme und das Reiche, hell und dunkel. mir gefallen die verschiedenen Nachbarschaften mit ihren unterschiedlichen Charakteristiken, ihren kleinen verborgenen Plätzen. Mir gefaellt dass Athen eine historische Stadt ist in der es aber kontinuierlich neue Sachen zu entdecken gibt. Ich würde sagen ich bin jemand, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Athen wirklich zu erkunden, aber selbst nach 8 Jahren gibt es immer noch Orte im Großraum Athen in denen ich noch nie war. Mir gefallen die (leider zu wenigen) Parks, die Athen hat.

Mir gefällt die Nähe zum Meer und zu den Bergen die Athen umgeben. Ausserdem ist Athen eine Stadt, die nie schläft, in München ist nach 10 am Abend fast niemand mehr draussen unterwegs.

Was mir nicht gefällt, ist, dass Athen zwei Flüsse haben könnte und sie nicht mehr hat (bzw in sehr begrenztem Ausmass), dass es viel weniger Grünflächen gibt, als eine Stadt dieses Ausmasses und in dieser Lage (Lekanopedio) gebrauchen könnte, die vielen Klimaanlagen im Sommer und das exzessive Heizen per Kamin im Winter. Die Luftverschmutzung. Ausserdem sehe ich sehr oft Beispiele von Leuten die ihren Müll nicht wegräumen, bei mir ist ein kleiner Park um die Ecke und jeden Morgen liegt alles verstreut auf dem Boden obwohl es dort Mülleimer und Mülltonnen ein paar Meter weiter gibt. ich habe nichts gegen Party, aber ich finde jeder Mensch sollte auch ein bisschen an seine Mitmenschen denken und seinen Müll wegräumen und was man tun könnte um die Situation ein bisschen besser zu machen. Diese „soll doch jemand anderes richten“ Mentalität die manche die sowas machen haben mag ich gar nicht.  

 

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     4. Erzählen Sie uns von Ihrem Projekt „Kleine Geschichten aus Athen“ (“Small Stories of Athens”). Auf der Facebook-Seite der “Small Stories of Athens“ haben Sie sich unter anderem auf Personen konzentriert. Was war das Besondere oder was hatten diese Personen gemeinsam? Glauben Sie, dass sich die Menschen, die in Athen leben oder dort leben möchten, in mancher Hinsicht von Menschen unterscheiden, die in anderen Städten, z. B. in Deutschland, leben?           

Die Athener haben sicherlich ein paar Gemeinsamkeiten: Sie sind sehr krisenerfahrene und erprobte Menschen, die sich in den meisten Fällen schwer aus der Fassung bringen lassen. Wie oben auch schon erwähnt gibt es einen größeren Gemeinschaftssinn, der auf dem Land natürlich noch viel größer ist. Was hilft ist, dass man einfacher ins Gespräch kommt mit Fremden, was sie eben weniger fremd macht. Ausserdem sehe ich hier manchmal mehr Verständnis und Interesse für die Mitmenschen (im sozialen Sinne). Hier kann es vorkommen, dass wenn man einen Betrag nicht passend dabei hat der Verkäufer sagt, ach passt schon oder brings beim nächsten Mal mit, in München kann ich mir das selbst bei einem Händler zu dem ich seit Jahren gehe und Stammkunde bin nicht vorstellen. Das ist jetzt nur ein Beispiel von vielen. Auch dass man hier die Rechnungen mal der eine, mal der andere bezahlt und man sie selten splittet, finde ich sympathisch, es ist nicht so eine „Meins-deins“ Gesellschaft.

Generell bin ich ein sozialer Mensch und mag es, neue Leute kennenzulernen, mich ziehen Menschen an, die interessant auf mich wirken. Ausserdem habe ich eine Menge Leute hier kennengelernt, aus allen verschiedenen Bereichen des Lebens und dafür bin ich dankbar und will dass es so bleibt.

Small Stories of Athens ist ein Herzensprojekt von mir gewesen und ich finde es ein bisschen schade, dass es mehr oder weniger auf Eis liegt im Moment, das Projekt an sich ist aber für mich ein enorm hoher Zeitaufwand, da ich immer jemanden brauchte, der mir bei der übersetzung und dem Schreiben der griechischen Texte hilft, ich hatte das Gefühl ich verlange meinen Freunden zu viel ab die ganze Zeit. Und da es kein kommerzielles Projekt ist konnte ich auch niemanden dafür bezahlen. Außerdem setzt es voraus, dass man in Athen unterwegs ist und sich mit Leuten unterhält, sie evt. kennen lernt, das ganze dann aufschreibt und gegebenenfalls übersetzt, deswegen kann ich so ein unkommerzielles Projekt (zusätzlich zu Doors of Athens) nur sehr unregelmäßig betreiben. In letzter Zeit hatte ich aber wieder ein paar Begegnungen wo ich mir gedacht habe, das wäre sehr interessant für Small Stories of Athens. Ein Mann in Piräus erzählte mir, wie er vor Jahren fast eine deutsche Frau heiratete, es ihm aber doch zu kalt war und er dann eines Abends mit dem Auto mitten im Winter zurück Richtung Griechenland fuhr.     

AJ7       5. Ihr Projekt “Doors of Athens” („Die Türen von Athen“) war äußerst originell und interessant. Was hat Sie dazu motiviert, dieses Projekt in Angriff zu nehmen, und was war Ihr Ziel? Wie war die Reaktion der Öffentlichkeit auf dieses Projekt? Glauben Sie, dass die Athener mit diesem Projekt auch Aspekte ihrer Stadt entdeckt und neu bewertet haben, die sie früher nie bemerkt hatten?

Am Anfang machte ich sehr viele Spaziergänge und Fahrradtouren um die Stadt besser kennenzulernen (mache ich immer noch jedoch muss ich weiter fahren um was neues zu entdecken :P) Mir fiel von Anfang an auf, dass die Türen hier anders sind als die in Deutschland, Außerdem gibt es in München keinen so einheitlichen Baustil wie in Athen. Ich denke, das war wichtig für mich, diesen Unterschied wahrzunehmen. Dennoch gibt es so viele unterschiedliche Designs, das ist mir erst mit der Zeit aufgefallen, wie viele es gibt. Ich versuche, die Türen nach Kategorien zu sortieren, welche ich mir ausgedacht habe. Ich sortiere sie nach Nachbarschaft, Stil, Farbe, Tag/nacht und anderen Besonderheiten und versuche auf Instagram, immer drei Türen von einer Kategorie zu präsentieren. Wenn man auf Instagram mal nachschaut und versucht andere „Doors of“ Accounts aus anderen Teilen der Welt zu finden dann muss ich schon sagen dass Griechenland mit die Interessantesten hat, und ich mich glücklich schätzen kann hier zu sein. (Andere Orte mit schönen Türen die ich gesehen habe sind Malta, Marokko und Lissabon)

Die Reaktion der öffentlichkeit war immer positiv und größer als ich gedacht habe, mittlerweile ist eine kleine Community entstanden, Leute schicken mir Ihre Fotos und Freunde sagen mir, dass immer wenn sie eine schöne Tür sehen, an mich denken. Das finde ich schön.

Ich glaube die Krise hat den Türen ein paar zusätzliche Jahre geschenkt, weil wenig neues gebaut wurde. Für mein Projekt interessieren mich vor allem die aus Eisen gegossenen Türen von 1-2 stöckigen Gebäuden, meist Einfamilienhäuser, in den Nachbarschaften um das Zentrum herum, so wie Petralona, Moschato oder Akadimia Platonos. Ich merke dass viele von den Häusern die ich fotografiere leer stehen und ich denke die letzten Jahre hat ein neuer Bau-Boom eingesetzt der leider nach und nach viele Häuser und damit auch Türen ersetzen wird. Deshalb ist es auch als ein zeitgeschichtliches Projekt anzusehen und ich befinde mich ein bisschen im Wettlauf gegen die Zeit.    

AJ6      6. Das Project “Doors of Athens” („Die Türen von Athen”) weckte auch großes Interesse bei den griechischen Medien. Warum gab es Ihrer Meinung nach gerade für dieses Projekt so viel Beachtung von den Medien und so viel Begeisterung?

Die Sammlung ist sicherlich eine der größten, ausserdem ist es ein perfektes Projekt für Instagram, entstanden zur richtigen Zeit am richtigen Ort, dadurch dass es sich einheitlich auf ein bestimmtes Thema konzentriert. Außerdem findet es jeden Tag im öffentlichen Leben eines jeden Menschen Stadt, man begegnet jeden Tag vielen Türen, die man öffnet oder die man auf seinem Weg sieht. Des öfteren wurde doors of athens in verschiedenen „Best of“- Athens Instagram Artikeln erwähnt, es ist ein interessantes Projekt, das mittlerweile eine große Sammlung mit einer treuen Community geworden ist. Sicherlich hat es auch eine Rolle gespielt, dass ich ein Deutscher bin, das ist natürlich auch etwas was dieses Projekt ein bisschen besonders macht.      

AJ207. Die Projekte, die Sie in unserem Land durchführen, befriedigen Ihre persönliche künstlerische Kreativität und Ihr Ausdrucksbedürfnis. Möchten Sie, dass dies auch als eine Art Einladung für andere Künstler oder Besucher fungiert, unser Land zu entdecken?

Mein Ausdrucksbedürfnis ist nie ganz befriedigt und ich will immer etwas „schaffen“ bzw. „erschaffen“. Deswegen fühle ich mich auch in meinem normalen Job als Video-Editor wohl, ich will Ergebnisse sehen. Ich habe schon manche Leute mit einer vergleichbaren Geschichte erlebt, Athen / Griechenland haben eine gewisse Anziehungskraft.

Ich denke wenn man sich auf Griechenland einlässt, dann lässt auch Griechenland sich auf einen ein. Umgekehrt kann ich mir vorstellen, dass es mit einer anderen Einstellung problematischer sein kann. Jeder der kommen mag soll kommen, aber die besten Orte und geheimen Lieblingsplätze muss jeder für sich selber entdecken ansonsten wird es an meinen zu voll 😛 Was zu viel Tourismus und Einfluss von außen mit sich bringen kann, sehen wir anhand von Mykonos und Santorini (die Landschaft ist schon atemberaubend und Akrotiri ein interessanter archäologischer Ort), für mich die beiden ungriechischsten Orte Griechenlands.      

AJ9     8. Glauben Sie, dass sich Athen zu einem internationalen Zentrum für künstlerisches Schaffen, Dialog und Austausch entwickeln könnte, oder ist sein Potenzial im Vergleich zu dem anderer europäischer Städte begrenzt?

Athen ist ja schon historisch ein Zentrum für künstlerisches Schaffen (und ich finde es super, dass es Veranstaltungen in alten griechischen Amphitheatern wie Epidavros oder in Athen das Irodio gibt) aber gerade auch die temporäre Kunstszene in Athen ist sehr präsent, es gibt Veranstaltungen, Happenings, alte Orte werden neue In-Spots, ich denke nicht, dass das Potenzial im Vergleich zu dem anderer Städte begrenzt ist. Eher im Gegenteil, dadurch dass viele Leute hier eine Krise nach der anderen erlebt haben gibt es natürlich auch viel Bedarf, dies in irgendeiner Form zu verarbeiten, ich denke es gibt viele Leute hier die was zu sagen haben.

     9. Welche anderen Länder würden Sie gerne kennen lernen und ihre Geheimnisse entdecken? Was sind Ihre nächsten Pläne?

Es gibt viele Orte auf der Welt die ich gerne mal sehen würde, Island, Kuba, Südamerika, Japan, den mittleren Westen in den USA, Indien, Australien, Afrika.

Ausserdem will ich innerhalb Griechenlands noch einiges entdecken, ich war zBsp noch nie in Meteora und wenig in Nord/Ost- Griechenland, und generell würde ich gerne so viele Inseln wie möglich sehen.

Meine bisherigen Lieblinge sind: Kythira, Ikaria, Kreta, Lefkada

Hoch auf meiner To-do list sind: Amorgos, Alonissos, Kefalonia, Samothraki, Mytilini, Chios u.v.m.

Mir gefällt es mehr, einfach zu machen als viel über meine Pläne zu reden, zuallererst möchte ich ein guter Vater für meine Tochter sein und ein angenehmer Mensch für meine Mitmenschen, generell möchte ich gerne alle meine Projekte fortführen, als Fotograf, Videographer und Video Editor, in Zukunft mich vielleicht auch wieder meiner Leidenschaft, dem Film zuwenden, ausserdem mag ich die Musik und fände ein musikalisches Projekt in meinem Leben schön. Zusammen mit zwei Freunden aus Deutschland erörtern wir gerade ein paar Ideen, mal sehen was die Zukunft bringt. Ich finde es erstrebenswert im Leben etwas zu finden, das einem Spaß macht, mit dem man aber auch Geld verdienen kann um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Alexander Jaschiks persönliche Website: http://www.alexjaschik.com/

(Fotos mit freundlicher Genehmigung von Alexander Jaschik und auch von seiner persönlichen Website)

(PS)

 

 

 

 

 

Photos: