„Ich komme aus einem kleinen Land. Einem Felsenriff im Mittelmeer, das als einziges Gut den Kampf seines Volkes, das Meer und das Licht der Sonne besitzt. Unser Land ist klein, verfügt aber über eine gewaltige Tradition, die ungebrochen bis in unsere Zeit weiterwirkt“. Das sind einige Sätze von Giorgos Seféris (1900 – 1971) in seiner Rede, welche er im Jahr 1963 anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises gehalten hat.
Dieses letzte Jahrzehnt seines Lebens wird reich in den zwei letzten Tagebuchbänden dokumentiert. Der achte und der neunte Band seiner Tagebücher „Méres“ („Tage“), die mit dem Jahr 1925 beginnen, sind nunmehr nach langer Erwartung erschienen.
Christian Enzensberger, einer seiner ersten Übersetzer ins Deutsche, schreibt über Seféris Dichtung: „Im Grunde ist die Dichtung des griechischen Nobelpreisträgers Giorgos Seferis eine ganz einfache Dichtung; sie hat sich ein allererstes Schema bewahrt: Die Dinge sind, die Menschen tun. Sie führt uns in eine Seelandschaft zwischen den Ufern von Substantiv und Verb, die wir dort doch nie bemerkt haben, in ein Dazwischen, dem sich beides gleichermaßen fremd und vertraut ausnimmt.“
Giorgos Seféris (eigentlich Giorgos Stylianos Seferiadis) wurde am 13. März 1900 in Smyrna geboren. Seine Familie zog Anfang 1914 nach Athen, wo er das Gymnasium besuchte. Seféris studierte 1918 bis 1924 Rechtswissenschaft in Paris, anschließend verbrachte er ein Jahr in England, um seine Englischkenntnisse zu verbessern. 1925 kehrte er nach Griechenland zurück und trat 1926 in den diplomatischen Dienst Griechenlands ein, wo er bis 1962 blieb.
Seine erste Gedichtsammlung „Wende“ erschien bereits 1931. Giorgos Seféris gilt als Hauptinitiator der sogenannten „Generation der 30er-Jahre“, die in der Dichtung die Wende zur Moderne vollzog und die heutige griechische Literatur weltweit bekannt machte.
Zeitlebens verbrachte Seféris als Diplomat viele Jahre im Ausland (u.a. Albanien, Ägypten, Südafrika, Libanon, Großbritannien). Wo auch immer er sich befand, das Schreiben von Poesie hat er niemals aufgegeben. Er hielt auch flüchtige Eindrücke, Gedanken, Bilder in seinem Tagebuch fest, die einen Zugang zu seinem ohnehin schwierigen poetischen Werk verschaffen. (ΑL)
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