Das Goethe-Institut Athen engagiert sich besonders im Kulturbereich und fördert die Künste in allen Disziplinen. Es stellt finanzielle Mittel bereit, die jungen sowie etablierten Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen, Aufenthalte und Projekte in Deutschland oder im Ausland zu realisieren. Gleichzeitig gilt das Übersetzungsförderungsprogramm des Goethe-Instituts als eine wahre Erfolgsgeschichte: Es hat die Veröffentlichung von rund 7.000 Büchern in 45 verschiedenen Sprachen finanziell unterstützt.

‚Reading Greece’* sprach mit Nikoleta Stathopoulou, der Leiterin der Informations- und Bibliotheksabteilung, über die aktuellen kulturellen Projekte und Initiativen des Instituts, den Umfang seines Übersetzungsförderungsprogramms sowie über Zukunftsperspektiven. Das Gespräch thematisierte außerdem die zentrale Bedeutung kultureller Institutionen bei der Förderung eines tieferen Verständnisses zwischen verschiedenen Kulturen und ihre Rolle als kulturelle Botschafter, die Länder und Völker miteinander verbinden.

©Vangelis Patsialos

Das Goethe-Institut Athen engagiert sich besonders im Kulturbereich, indem es die Künste in allen Disziplinen fördert. Es stellt jungen und etablierten Künstlerinnen und Künstlern finanzielle Mittel zur Verfügung, um Aufenthalte und Projekte in Deutschland sowie im Ausland zu realisieren. Könnten Sie uns mehr über die aktuellen kulturellen Projekte und Initiativen des Instituts erzählen?

Die Aktivitäten des Goethe-Instituts Athen gehen über den eigenen Veranstaltungsort hinaus und konzentrieren sich vor allem auf die Zusammenarbeit mit anderen Kulturinstitutionen in Athen und ganz Griechenland. Das Hauptziel besteht darin, den deutsch-griechischen Kulturdialog zu fördern. Derzeit laufen zahlreiche spannende Projekte, die verschiedene Aspekte der Kultur beleuchten. Das erste Projekt, das ich erwähnen möchte, ist das multimodale Festival ‚Noisy Words‘. Dieses Festival, kuratiert von Evi Nakou und in Zusammenarbeit mit dem KET TV Control Centre organisiert, widmet sich den Themen Klang, Lärm und Worten. In einer Reihe von Workshops, Performances, Präsentationen und Diskussionen erforschen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam die lauten Räume, die wir bewohnen, und den Lärm zwischen unseren Körpern – Räume, in denen Klang und Sprache sich verdrehen, verbiegen und verzerren.

Die multimediale Ausstellung „BEYOND DESTRUCTION: Rhodos, Thessalien, Evros“ („JENseits der Zerstörung: Rhodos, Thessalien, Evros“) ist das aktuelle Projekt der Programmabteilung des Goethe-Instituts Athen. Im Jahr 2023 wurde Griechenland von verheerenden Naturkatastrophen heimgesucht – darunter Waldbrände und Überschwemmungen –, die zahlreiche Menschenleben forderten, Häuser zerstörten und Landschaften unwiderruflich veränderten. Monate später reisten der Fotograf Ilir Tsouko und die Journalistin Anja Troelenberg in die stark betroffenen Regionen Rhodos, Thessalien und Evros, um die langfristigen Folgen dieser Katastrophen zu dokumentieren. Ihre Arbeit – eindringliche Fotos, Videos und Geschichten – hält nicht nur die Verzweiflung der Betroffenen fest, sondern auch ihre Widerstandskraft und Hoffnung in einer für immer veränderten Umgebung. Die Ergebnisse werden in einer Ausstellung im Goethe-Institut in Athen präsentiert. Dabei geht es nicht nur um die Zerstörung, sondern auch darum, wie Katastrophen zentrale gesellschaftliche Realitäten offenbaren und sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Erneuerung bieten.

Ilir Tsouko ist ein visueller Geschichtenerzähler, der sich auf die Themen Migration, soziale Probleme und Klimawandel spezialisiert hat. Seine Arbeiten wurden in renommierten internationalen Medien wie der New York Times und der Washington Post veröffentlicht. Anja Troelenberg ist eine deutsche Autorin, die über Umwelt- und Sozialthemen in Südosteuropa berichtet. Ihre Beiträge erscheinen in Medien wie ARTE und Deutschlandfunk.

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Im Bereich der Literatur hat sich Goethes Übersetzungsförderungsprogramm seit seiner Einführung vor 50 Jahren als echte „Erfolgsgeschichte“ erwiesen. Bisher wurden rund 7.000 Bücher in 45 verschiedenen Sprachen mit finanzieller Unterstützung veröffentlicht. Welchen Umfang hat das Programm? Welche Ergebnisse wurden bislang erreicht, und welche Perspektiven eröffnen sich für die Zukunft?

Das Goethe-Institut Athen koordiniert die Literatur- und Übersetzungsförderung für ganz Griechenland. Das Übersetzungsprogramm ermöglicht einem internationalen Publikum den Zugang zu zeitgenössischer deutschsprachiger Literatur, Sachbüchern sowie Kinder- und Jugendbüchern. Wir beraten griechische Verlage vor Ort zu Fördermöglichkeiten für Übersetzungen aus dem Deutschen ins Griechische und bieten Einblicke in aktuelle Tendenzen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.Mit großer Freude können wir berichten, dass in den letzten Jahren 52 Titel ins Griechische übersetzt wurden, wodurch diese Werke einem breiteren griechischen Lesepublikum zugänglich gemacht wurden. Die Zahl der geförderten Veröffentlichungen unterstreicht die deutlich intensivere Zusammenarbeit im literarischen Austausch sowie das wachsende Netzwerk des Goethe-Instituts mit Übersetzern, Verlegern und anderen Literaturvermittlern. Das entstandene Netzwerk und das aufgebaute Vertrauen sind von besonderer Bedeutung. Dieser bilaterale Ansatz wird weiterhin gefördert – nicht nur durch den Austausch mit Vertretern der Verlagsbranche, sondern auch durch die Veröffentlichung weiterer Werke in griechischer Sprache.

Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen, wenn Sie deutschsprachige Literatur griechischen Lesern näherbringen? Und hat die griechische Literatur das Potenzial, ein deutschsprachiges Publikum zu erreichen?

Die Förderung der deutschsprachigen Literatur für griechische Leser wird durch sprachliche und kulturelle Unterschiede sowie wirtschaftliche Hürden erschwert, ist jedoch nicht unmöglich. Gleichzeitig hat die griechische Literatur das Potenzial, ein deutschsprachiges Publikum zu erreichen – insbesondere durch Themen, die für beide Kulturen von Relevanz sind, sowie das wachsende Interesse an internationalen literarischen Stimmen. Die Förderung des bilateralen literarischen Austauschs zwischen Deutschland und Griechenland könnte der Schlüssel sein, um diese Herausforderungen zu meistern und die literarischen Werke beider Länder einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dieses Potenzial lässt sich jedoch nur durch gezielte Förderung, Übersetzungsprogramme und Kulturaustauschplattformen vollständig ausschöpfen.

Zu den Initiativen des Instituts gehört „Let’s Talk“ – ein Netzwerk- und Berufsprogramm für Verlage aus Südosteuropa und der Türkei. Was steckt hinter diesem Vorhaben?

Seit 2020 läuft in Athen unter dem Motto „Let’s Talk!“ ein erfolgreiches Netzwerk- und Fachprogramm für griechische Verlage und Agenturen. Ursprünglich als Vorprogramm gestartet, wurde es später zum Rahmenprogramm und entwickelte sich schließlich zum Nachfolgeprojekt des deutschsprachigen Ehrengastauftritts auf der Internationalen Buchmesse Thessaloniki 2021. Nach der ersten Auflage, die 2020 pandemiebedingt vollständig digital stattfand, bot die Präsentation des Ehrengastes auf der Buchmesse Thessaloniki 2021 eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Beziehungen zwischen deutschen und griechischen Akteuren zu vertiefen. 2022 haben wir „Let’s Talk!“ in Athen als Präsenzveranstaltung fortgesetzt, ergänzt durch einen Live-Stream, der es Teilnehmern außerhalb Athens ermöglichte, an dem Programm teilzunehmen und somit die Reichweite erheblich erweiterte. Im vergangenen Jahr haben wir das Programm auf Verlage und Agenturen aus Südosteuropa und der Türkei ausgeweitet und eine Plattform für neue, grenzüberschreitende Kooperationen geschaffen. Kooperationspartner für die „Let’s Talk!“-Reihe sind die Frankfurter Buchmesse und die Hellenic Foundation for Culture. Das Ziel der Netzwerk- und Fachprogramme ist es, internationale Vernetzung, Wissenstransfer, berufliche Weiterentwicklung, kulturellen Austausch, Nachhaltigkeit und Meinungsfreiheit zu fördern.

Let’s talk Seminar 20.09.2023, Goethe-Institut Athen ©Vangelis Patsialos

Der Young Book Designers Award ist eine Initiative, die 2021 vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit der Hellenic Foundation for Culture, den Greek Visual Communication Design Awards, der Stiftung Buchkunst und der Frankfurter Buchmesse ins Leben gerufen wurde, um neue, originelle Ideen über das gedruckte Buch als Gestaltungsobjekt und ästhetisches Schaffen zu entdecken. Wie wichtig sind solche Initiativen für die Förderung der Moderne in einem Medium, das sowohl traditionell als auch modern ist?

Der Young Book Designers Award wurde 2021 anlässlich des Ehrengastauftritts deutschsprachiger Literatur auf der Internationalen Buchmesse in Thessaloniki in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut ins Leben gerufen. Der Wettbewerb richtet sich an Designer, Typografen, Verlage und kreative Buchprojektproduzenten, die innovative und zeitgemäße Ansätze zur Weiterentwicklung des Buchdesigns präsentieren.

Seitdem werden jährlich innovative Werke junger griechischer Kreativer ausgewählt und ausgezeichnet. Die Preisträger haben die Möglichkeit, zur Frankfurter Buchmesse – der wichtigsten Buchmesse der Welt – zu reisen, ihre Werke ab 2025 auch auf der Leipziger Buchmesse zu präsentieren, an Veranstaltungen rund um das Thema Buchdesign teilzunehmen und sich mit Branchenexperten zu vernetzen. Der Young Book Designers Award ist nicht nur ein Aushängeschild für neues griechisches Design, Seitenlayout und Typografie, sondern zielt auch darauf ab, junge Kreative in ihren frühen Schritten zu unterstützen und sie international mit Verlagen und anderen Kreativen zu verbinden. Besonders wichtig ist es, mit dem Preis innovative und zeitgenössische Ansätze zur Weiterentwicklung des Buches als Medium zu fördern und gleichzeitig neue Kreative in ihrer frühen Karriere im Bereich Buchdesign, Typografie und Layout zu unterstützen. Die Auszeichnung soll zudem gleiche Chancen auf Anerkennung im professionellen Wettbewerb bieten.

Wie wichtig ist allgemein die Rolle kultureller Institutionen bei der Förderung eines tieferen Verständnisses zwischen unterschiedlichen Kulturen und ihrer Funktion als kulturelle Botschafter zwischen Ländern und Völkern?

Das Goethe-Institut fördert die deutsche Kultur an seinen internationalen Standorten und dient als Forum für Begegnungen zwischen Künstlern, Wissenschaftlern und Intellektuellen beider Länder, während es gleichzeitig Raum für Experimente und Innovationen schafft.Darüber hinaus liegt unser Fokus auf aktuellen Themen und Fragestellungen, die Kunst und Gesellschaft im breiteren europäischen Kontext betreffen.

Das Kulturprogramm deckt ein breites Themenspektrum ab, das sowohl wissenschaftlichen als auch ästhetischen Diskurs umfasst. Es reicht über verschiedene Bereiche wie Literatur, Philosophie, Kulturwissenschaften, Film und Medien, bildende Kunst, Architektur, Design, Musik, Tanz und Theater und hebt aktuelle Trends hervor. Mit diesem Konzept gelingt es dem Goethe-Institut Athen nicht nur, herausragende Arbeiten zu präsentieren, sondern auch den Dialog zwischen allen Beteiligten und Interessierten zu fördern, um so dauerhafte kulturelle Netzwerke zu schaffen.

*Originaltext: Reading Greece (Greek News Agenda), Goethe-Institut Athen: A Cultural and Translation Hub in the Center of Athens

** Titelbild: © Vangelis Patsialos

(PS)