„Schießt nicht mit Tränengas auf uns – wir weinen auch so“.*
Giorgos Seferis brachte diese Tatsache in seiner Rede zur Verleihung des Literaturnobelpreises 1963 wie folgt zum Ausdruck: „Unser Land ist klein, verfügt aber über eine gewaltige Tradition, die ungebrochen bis in unsere Zeit weiterwirkt. Griechisch ist zu allen Zeiten gesprochen worden. Unsere Sprache hat sich verändert, wie sich alles Lebendige ändert, aber Brüche sind ihr erspart geblieben.“
So haben wir versucht, in dieser horen-Ausgabe aufzuzeigen, wie dieses „Ungebrochene“ in einem heute scheinbar so sehr verlorenen Land aussieht.
Entstanden ist eine nach sehr subjektiven Gesichtspunkten zusammengestellte Textsammlung. Nach einiger Zeit entdeckten wir allerdings doch ein – quasi unsichtbares – Kriterium, das uns offensichtlich leitete, unsere Schwerpunkte diktierte und das sich umschreiben ließe mit dem Begriff „Widerstand“. Bei näherem Hinsehen mussten wir erkennen, dass das Begriffspaar „Literatur und Widerstand“ – wobei es dabei schon um Leben und Tod geht – Griechenland offenbar „adoptiert“ zu haben scheint.
Der Band versammelt griechische Literatur von 1901 bis 2013 in deutschen Erst- und Neuübertragungen.
Asteris Kutulas, Autor und Filmemacher, 1960 in Oradea (Rumänien) als Sohn griechischer politischer Emigranten geboren; 1968 Übersiedlung nach Dresden; Abitur an der Kreuzschule; 1979 bis 1984 Studium der Germanistik in Leipzig; seit 1986 im europäischen Konzertmanagement tätig; seit 1981 zahlreiche Übersetzungen aus dem Griechischen (Ritsos, Elytis, Kavafis, Seferis, Theodorakis u.a.); Herausgeber der inoffiziellen Publikationsreihe Bizarre Städte (1987-1989) und der Zeitschrift Sondeur (1990/91); seit 1989 Musik- und Eventproduzent; lebt in Berlin. (www.asteris-kutulas.de)
* Aus dem Vorwort von Asteris Kutulas.