Es war der 1. Januar im Jahr 1981. Der Tag besiegelte einen langen Prozess, der Jahrzehnte vorher begonnen hatte: Die Aufnahme Griechenlands in die Europäische Familie als zehntes volles Mitglied der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Heute ist Griechenland bereits vierzig Jahre lang Mitglied der Europäischen Union, eine Mitgliedschaft, die das Land zutiefst geprägt hat. Vergangenen Februar wurde eigens dafür eine Parlamentsdebatte durchgeführt, die diese Errungenschaft aus dem Rückblick beleuchten sollte. Das ganze laufende Jahr wird dieses große Thema mit vielen Veranstaltungen in Erinnerung gerufen, man will die vielen Veränderungen hervorheben, welche der Beitritt mit sich brachte.

 

Der Protagonist, der von Anfang an die Mitgliedschaft Griechenlands im Auge hatte, ist einer der wichtigsten griechischen Politiker des vorigen Jahrhunderts: Konstantinos Karamanlis. Mit der neugegründeten EWG zögerte er nicht lange. Als die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1957 gegründet wurde, hat Griechenland als erster Staat überhaupt im Juni 1959 das Assoziierungsabkommen mit Brüssel beantragt. Zwei Jahre später, im Juli 1961 wurde in Athen das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und Griechenland unterschrieben. Erst jedoch am 28. Mai 1979 unterzeichneten die Vertreter der Länder die Beitrittsverträge in Athen. Karamanlis erklärte vor EG-Botschaftern in Athen: „Griechenland gehört zu Europa, dessen Teil ist es gemäß seiner geopolitischen Lage ― durch seine Geschichte und Tradition, die der Ursprung des gemeinsamen kulturellen Erbes Ihrer Länder sind.“ Klare Worte, die eine große Wirkung hatten.

Diese Entscheidung ist von elementarer Kraft gewesen. Es ist der große Verdienst von Konstantinos Karamanlis, dass er sehr früh die Bedeutung der EWG erkannte und seine Politik danach richtete, der EWG zu nähern und die anderen Regierungschefs davon zu überzeugen, dass ohne Griechenland Europa eher unvollendet wäre. Dies wird heute offiziell bestätigt. In den Akten des deutschen Auswärtigen Amtes kann man nachlesen, wie sich die damalige Bundesregierung im September 1975 dazu geäußert hat: „Der entscheidende Gesichtspunkt“, der es verbiete, „den griechischen Beitrittsantrag abzulehnen“, sei „die Unteilbarkeit des freien Europa“. Die Unteilbarkeit Europas ist der Grundgedanke. Europa als ein lebendiges Ganzes ist die Vision, die trotz allen Hindernissen nach und nach zur Realität wurde.

Es ist zwar noch erforderlich, dass die fünfhundert Millionen Europäer weiter zusammenrücken, damit die Union als Ganzes zusammenwächst. Dennoch herrscht ein Bewusstsein der Zusammengehörigkeit und des gemeinsamen Kulturerbes, welches sich trotz aller Krisen und Differenzen dieses ehrgeizigsten Projekts in der Geschichte des europäischen Kontinents stark macht. In den Zeiten der vieldiskutierten Globalisierung kann sich kein Land, auch nicht das stärkste, den vielen Problemen allein stellen. Die europäischen Institutionen, trotz aller Kritik für ihre Schwerfälligkeit, bilden einen soliden Boden für die gemeinsame Bewältigung der äußeren Herausforderungen. Die Währungsunion, in welche Griechenland im Jahre 2001 aufgenommen wurde, garantiert den finanziellen Zusammenhalt der Union und übt einen wirksamen Druck zu stärkerer wirtschafts- und finanzpolitischer Integration aus. Gleichzeitig bleibt die nationale Souveränität in der Währungs- und Finanzpolitik weiterhin unangetastet und die Ausrichtung auf globale Wettbewerbsfähigkeit wird dadurch gestärkt.

Die zündende Idee, die bereits in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das Fundament für die europäische Einigung legte, hat sich bis heute als dasjenige Modell erwiesen, das allen europäischen Ländern Frieden und weitere Entwicklung – nicht nur in finanzieller Hinsicht – sichert. Die Zeit der Nationalstaaten ist längst vorbei. Renationalisierung von Wirtschaft und Politik würde eher zur Ausweglosigkeit führen, zur Isolation und zum wirtschaftlichen Niedergang. Die Europäische Union muss dafür sorgen, mehr Gerechtigkeit, wachsende Kontrollen und Ausgleich zu schaffen. Bei der finanziellen Solidität und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sollten die anstehenden Herausforderungen mit Respekt und Solidarität unter Gleichberechtigten bewältigt werden.

U4

In kaum einem Land ist die Zustimmung zur politischen Union so groß und stehen die EU-Institutionen in so hohem Ansehen wie in Griechenland. In einer Umfrage des „Zentrums für Liberalismusforschung“ (KEFIM), die im vergangenen Dezember in Griechenland durchgeführt wurde, hat die überwiegende Mehrheit der Befragten die Mitgliedschaft in der Europäischen Union und in der Eurozone als die wichtigsten Errungenschaften der neuesten griechischen Geschichte genannt.    (AL)