Der November markiert den Beginn der Olivenerntezeit, die bis Mitte Januar andauert. Nur sehr wenige Produkte sind so mit der Geschichte und Kultur eines Ortes verknüpft, wie das Olivenöl und die Olivenbäume mit dem griechischen Kulturerbe. Ausgestattet mit einer starken Symbolik durch Mythologie und Religion, aber auch verbunden mit der Gastronomie und einer gesunden Ernährung, sind der Olivenbaum und seine Produkte sicherlich ein einzigartiger Bestandteil der griechischen und mediterranen Kultur im Allgemeinen.

Vom Kranz aus wilden Olivenzweigen (der sogenannte Kotinos), der den antiken Siegern der Olympischen Spiele verliehen wurde, über den Olivenbaum Platons, unter dem der berühmte griechische Philosoph vor 2.400 Jahren seine Schüler unterrichtete, bis hin zu den von Hippokrates erwähnten heilenden Eigenschaften des Olivenöls, wird dieser heilige und ewige Baum seit der Antike gepriesen. In Kriegszeiten hielten die Boten, die um einen Waffenstillstand baten, einen Olivenzweig als Friedenssymbol in der Hand, während die „Hiketai“ (Schutzflehenden) -Bürger, die vor dem Altar eines bestimmten Gottes Asyl suchten, ebenfalls einen Olivenzweig trugen.

Bild2800 pitharia„Pithoi“ (große Vorratsgefäße aus Ton) für Olivenöl / Minoischer Palast, Knossos, Kreta, Griechenland / Foto: Deror_avi, CC BY-SA 3.0, Quelle: Wikimedia Commons

Die Entdeckung von versteinerten Olivenblättern auf der Insel Santorini, die schätzungsweise 50.000 bis 60.000 Jahre alt sind, sowie archäologische Funde aus den minoischen Palästen auf Kreta, die die Rolle des Olivenöls in der minoischen Zivilisation belegen, veranschaulichen die lang anhaltende Rolle dieser „gesegneten Frucht“ in der griechischen Kultur.  Der Mythos, nach dem die Athener die Göttin Athene gegenüber Poseidon vorzogen, weil sie ihnen den Olivenbaum als Geschenk anbot, und damit dessen Holz und Früchte, ist ein bekannter griechischer Mythos der Antike.

Griechisches Olivenöl ist von höchster Qualität und seine Einzigartigkeit ist zu einem großen Teil auf das Klima zurückzuführen, in dem die Oliven angebaut werden. Wie der Wein, der die Aromen anderer Elemente, mit denen er in Kontakt kommt, aufnimmt, wird auch das Olivenöl von seiner Umgebung beeinflusst. Etwa 65% des griechischen Olivenöls stammt vom Peloponnes, während der Rest hauptsächlich auf Kreta, in der Ägäis und auf den Ionischen Inseln produziert wird. Natürliche Düngemittel werden ebenfalls als ein Hauptbestandteil angesehen. Olivenbäume können ohne ständige Bewässerung überleben, sie schließen ihren eigenen Wachstumszyklus ab und sind ziemlich widerstandsfähig gegen den Klimawandel.

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Die Olivenernte

Die Herstellung des Olivenöls in Griechenland ist ein faszinierender Prozess, und die Olivenernte gilt als eine wichtige Zeit des Jahres. In der Vergangenheit, aber auch heute ist die Olivenernte eine Tätigkeit, die hauptsächlich von Familien ausgeübt wird, da viele Olivenhaine für den persönlichen Gebrauch angebaut werden. Natürlich gibt es auch große landwirtschaftliche Einheiten, die moderne Techniken anwenden, wenn es um die Olivenernte, die Herstellung von Olivenöl und Werbeaktivitäten geht.

Bild4800 TheophilosTheofilos (Hatzimihail) „Olivenernte“, 1933, Theofilos-Museum, Varia (Lesbos, Griechenland)

Der traditionelle Ernteprozess beginnt mit dem Einsammeln der Oliven per Hand, um sicherzustellen, dass der Baum und die Oliven nicht beschädigt werden, nachdem lange Netze um die Bäume herum auf dem Boden ausgelegt wurden. Die Oliven werden dann in große Säcke verpackt und zu einer Olivenpresse transportiert, wo sie auf ein Förderband gelegt, gewaschen und von den Blättern getrennt werden. In der Antike und in früheren Zeiten bestand die Olivenpresse aus zwei Mühlsteinen, die durch große Holzgriffe, die von Menschen oder Eseln geschoben wurden, in Bewegung gesetzt wurden, um die Oliven zu pressen und sie zu Paste und dann zu Öl zu verarbeiten.

Heute werden elektrische Maschinen zum Rütteln der Bäume verwendet, und die Mühlsteine wurden größtenteils durch moderne motorbetriebene Olivenpressen ersetzt, obwohl einige Ölmühlen immer noch den traditionellen Mahlprozess verwenden, mit dem einzigen Unterschied, dass die Bewegung der Mühlen jetzt elektrisch betrieben wird. Man geht davon aus, dass durch die Steinpressung ein komplexeres und gesünderes Endprodukt entsteht, da durch die Zentrifugierung die Vitamine und Antioxidantien, denen eine Reihe von Gesundheitsvorteilen zugeschrieben wird, erhalten bleiben.

Bild5800 olive stone presserTraditionelle Olivenpresse aus Stein / Foto: Dimitris Vetsikas (Pixabay)

Das Erlebnis der traditionellen Olivenernte wurde heutzutage auch in den Agrotourismus einbezogen, da sie eine perfekte interaktive Urlaubswahl darstellt. Im Laufe der Jahre sind Olivenernteaktivitäten in Griechenland zu einem beliebten Trend für Outdoor-Enthusiasten geworden, indem sie eine perfekte Gelegenheit anbieten, dem gesamten Ernteprozess —von der Hand bis zur Mühle— beizuwohnen und sich mit uralten Herstellungsmethoden vertraut zu machen.

Griechenland als Olivenöl-Produktionsland

Griechische Olivenölprodukte gelten in der ganzen Welt als qualitativ hochwertig. Sie werden in den idealen Klimabedingungen und Bodenarten des Landes angebaut. 80% der griechischen Produktion ist Natives Olivenöl Extra, das weltweit an erster Stelle der Klassifikationskategorie steht. Es gibt buchstäblich Hunderte von lokalen Sorten und Geschmacksrichtungen, darunter eine Reihe von Bio-Produzenten, die sich mit Spezial- und Luxusölen auf dem globalen Premium-Markt positionieren.

Griechenland ist nach Spanien und Italien der drittgrößte Olivenölproduzent der Welt und produziert jährlich mehr als 200.000 Tonnen. Nach EU-Daten rangierte Griechenland 2018 bei den Extra-EU-Olivenölexporten, d.h. bei den Ausfuhren in die übrige Welt, an vierter Stelle unter den EU-Mitgliedstaaten. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass jedes Jahr große Mengen griechischen Olivenöls nach Italien und Spanien gehen, ohne als Export gezählt zu werden, da alle EU-Mitgliedstaaten Teil des europäischen Binnenmarktes sind, der die EU als ein Gebiet ohne Binnengrenzen bezeichnet.

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Griechisches Olivenöl und seine Nebenprodukte gehören zu den bekanntesten landwirtschaftlichen Erzeugnissen des Landes. Die hauptsächlich kleinen, aber dynamischen griechischen Unternehmen investieren Zeit, Mühe, Ressourcen und kreatives Denken, um ihr Produkt optimal zu bearbeiten. Mit Hilfe innovativer landwirtschaftlicher Techniken, aber auch moderner Marketinginstrumente, die den ästhetischen Reiz ihrer Produkte verstärken, versuchen griechische Unternehmen, ihre Position auf dem globalen Markt zu erobern. Die „Kunst des griechischen Olivenöls“ gewinnt international immer mehr an Boden, mit positiven Reaktionen von Verbrauchern und Unternehmen, aber auch mit einer Reihe von Auszeichnungen, die in internationalen Wettbewerben für die Qualität griechischer Produkte und deren anspruchsvolle Verpackung gewonnen wurden.

Außer Olivenöl können auch die Oliven selbst als Snack verzehrt oder als Tafeloliven in Salaten, Broten (Olivenbrot), Kuchen oder Soßen eingesetzt werden. In diesem Fall werden verschiedene Olivensorten wie z.B. schwarze Kalamata-Oliven oder saftige Amfissa-Oliven verwendet. Seit dem Altertum wird Olivenöl auch in der Seifenherstellung als Basis genutzt. Olivenölseife ist sehr mild, langlebig und hilft, Feuchtigkeit und Elastizität auch bei dem empfindlichstem Hauttyp zu erhalten. Olivenöl wird auch als Basis für die Herstellung von Parfüms verwendet, da es dazu neigt, länger auf der Haut zu haften. 

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Sogar die Rückstände, die nach der Olivenölextraktion in fester und flüssiger Form wie Paste, Tresteröl oder Kernholz zurückbleiben, können als Tierfutterzusatz, natürlicher organischer Dünger oder fester Biokraftstoff zur Energieerzeugung genutzt werden. Es ist also keineswegs zufällig, dass die Oliven als „gesegnete Frucht“ gepriesen werden!

Mittelmeer-Diät

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Griechisches Olivenöl ist eine der Grundlagen der Mittelmeerdiät. Als Hauptzutat nahezu jedes Rezeptes der traditionellen griechischen Küche spielt Olivenöl eine dominierende Rolle bei den griechischen Ernährungsgewohnheiten. Griechisches Olivenöl ist weltweit für seine Reinheit, seinen außergewöhnlichen Geschmack und seinen hohen Nährwert bekannt. Außerdem ist natives Olivenöl extra ein Supernahrungsmittel. Studien haben gezeigt, dass Olivenöl das gesündeste Produkt unter den Pflanzenölen ist. Es ist mit Antioxidantien angereichert und schützt vor verschiedenen Krankheiten, weshalb es für eine ausgewogene Ernährung unerlässlich ist. Viele griechische Olivenölprodukte aus verschiedenen Regionen des Landes wurden als geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) oder geschützte geographische Angabe (g.g.A.) in das Anerkennungssystem der EU für qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produkte eingetragen.

Originaltext: Greek olive oil: the history and the future of a multifaceted product in Greek News Agenda

s.d.

Weiterlesen in Griechenland Aktuell: Ein Museum für den Olivenbaum und die Olive (12. Februar 2020)

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