In der Pariser Philharmonie findet vom 10. Februar bis zum 26. Juni dieses Jahres eine Ausstellung unter dem Titel „Xenakis Revolutions“ statt. Frankreich, seine Wahlheimat, ehrt den großen Komponisten und Architekten Iannis Xenakis, der vor hundert Jahren, am 29. Mai 1922, in Braila, Rumänien als Sohn griechischer Eltern geboren wurde. Auch in Griechenland, in Athen, Nafplion und Mykene, wird dieses Jahr vom 24. bis zum 29. Mai ein Internationales Symposium organisiert.
Iannis Xenakis und Mikis Theodorakis in den 60er Jahren
Im Jahr 1932 kam Iannis Xenakis mit seiner Familie nach Griechenland und ging auf der Insel Spetses in die Schule, wo er seinen ersten Musikunterricht in Harmonielehre und Klavier erhielt. 1938 wechselte er nach Athen und begann im Jahr 1940 an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Technischen Universität zu studieren. Ende 1944 wird Xenakis im Gesicht durch Splitter einer britischen Granate schwer verletzt. Es ist die entscheidende Wendung in seinem Leben.
Im Jahr 1947 verlässt er Griechenland und lässt sich in Frankreich, Paris nieder. Er arbeitet zwölf Jahre lang mit dem angesehenen Schweizer Architekten Le Corbusier zusammen und beteiligt sich an mehreren architektonischen Projekten. Gleichzeitig komponiert er Musik, die den Anschluss an die alte griechische Musik sucht.
Es ist die Zeit, in der seine Auseinandersetzung mit der antiken griechischen Philosophie zunimmt, was sich in seinen Werken widerspiegelt, da die meisten von ihnen antike griechische Titel tragen. Die Rede ist von: Many Troubles (1962) für Kinderchor und Orchester, Iketides (in Texten von Sophokles, 1964), Oresteia (1965-66) für zwei Chöre und Kammerorchester, Medea (1967) Bühnenmusik, Cranergo (1968-69) Ballettmusik für Tonband und Orchester, Palace (1969) für Oktett, Persephone (1969) für sechs Schlagzeuger, Synafi (1970), Terretektor (1970) für Orchester, Rat (1971) für zwölf Streicher, Charisma (1971) für Klarinette und Cello, Antichthon (1971) für Orchester, Evryali (1973) für Klavier, Dappa (1975) für Schlagzeug (Dappa ist Sappho im archaischen äolischen Dialekt) usw.
Iannis Xenakis mit Manos Hadjidakis
Gleichzeitig setzt er in den 50er Jahren sein Musikstudium bei wichtigen Musiklehrern wie Arthur Honegger, Darius Milhaud, Nadia Boulanger und Olivier Messiaen fort und beginnt allmählich, seine eigenen Reflexionen über Musiktheorie und -praxis zu entwickeln, die in direktem Zusammenhang zur Mathematik stehen und (basierend auf der Wahrscheinlichkeitstheorie) zur Erfindung einer denkerischen, völlig eigenartigen Musik dienen und sich gegen die Grundprinzipien der serialen Musik richten, die eine zentrale musikalische Richtung der Avantgarde seiner Zeit war.
Im Jahr 1955, während der Musiktage im deutschen Donaueschingen, dem ältesten und bedeutendsten Festival für Neue Musik weltweit, beeindruckt Iannis Xenakis mit seinem Werk „Metastasis“, das eine völlig neue musikalische Sprache einleitet. Ab diesem Zeitpunkt hat sich Xenakis als einer der vier oder fünf bedeutenden Komponisten der Nachkriegszeit etabliert.
Nebenbei wird er auf der Grundlage mathematischer Theorien weitere musikalische Systeme entwickeln und gleichzeitig große musikalische Werke schaffen. Basierend auf der Wahrscheinlichkeitstheorie sind die Arbeiten Configurations (1957), Pithoprakta (1955-56), Achoripses (1956-57) und Analogue A and B (1959) zu nennen, die weltweit großen Eindruck machten.
Trotz der Schwierigkeiten, mit denen Xenakis in den offiziellen Kreisen der wegweisenden europäischen Musik konfrontiert war, begann sich sein Ruhm in den 60er Jahren schnell auf der ganzen Welt auszubreiten. Von den 1970er Jahren bis zu seinem Tod blieb er an der Spitze der zeitgenössischen europäischen Musik, arbeitete immer im Kontext der Beziehung zwischen Mathematik, Musik und altgriechischer Philosophie auf eine persönliche, innovative und einsame Weise und hinterließ einen unauslöschlichen Eindruck in seiner zeitgenössischen Musik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Iannis Xenakis starb in den frühen Morgenstunden des 4. Februar 2001 in Paris im Alter von 78 Jahren und nach langen währenden Schwierigkeiten mit seiner Gesundheit.
Seine Heimat, Griechenland, wie auch seine Wahlheimat, Frankreich ehren den großen Vorreiter mit einer Ausstellung in Paris und einem internationalem Symposium in Athen, Nafplion und Mykene anlässlich seines hundertsten Geburtsjahres.
Paris: Ausstellung „Xenakis Revolutions“ in der Cité de la Musique-Philharmonie de Paris (vom10. Februar bis 26. Juni 2022), und
Athen-Nafplio-Mykene: Internationales Symposium (24. bis 29. Mai). Informationen unter: https://xenakis2022.uoa.gr