2019 jährt sich sowohl zum 130. Mal die Geburt von Georgios Gounaropoulos (1889-1977), der zu den Vorreitern der modernen Kunst in Griechenland gehörte, als auch zum 40. Mal die Gründung des Gounaropoulos-Museums. Aus diesem Anlass findet im Museum (bis zum 31. Januar 2020), neben der ständigen Sammlung von Gounaropoulos‘ Gemälden, eine Ausstellung mit dem Titel „Die Kunst der Linie. Hommage à Gounaro II“ (Η τέχνη της γραμμής. Hommage à Gounaro II)  statt. Die Sonderausstellung zeigt Werke von sieben zeitgenössischen griechischen Künstlern, welche die Linie als Hauptausdrucksmittel verwenden: Antonis Choudalakis, Andreas Christodoulou, Maria Dimaki, Nikos Exarhos, Voula Koukkou, George Sakkas und Athanasia Vidali. Ihre Werke wurden in einer Vielzahl von, manchmal unvorhersehbaren Medien realisiert und bringen eine neue Sichtweise auf viele persönliche Fragen sowie auf ihre Verbindung mit dem weiteren Rahmen, in dem sie vorkommen. Begleitet wird die Ausstellung auch durch ein umfangreiches Programm an Parallelveranstaltungen wie Vorträgen und Workshops.

Kunstwerke von ©: (Links) Athanasia Vidali, (Rechts) Antonis Choudalakis / Die Kunst der Linie. Hommage à Gounaro II

Die von der Kunsthistorikerin Dionissia Giakoumi kuratierte Schau würdigt nicht nur die Meisterschaft der Linienkunst Gounaropoulos‘, sondern auch die Wichtigkeit der Linie in allen Aspekten der Komposition seiner Werke. In seiner „Gounaro“ betitelten Studie (1958), die eine gründliche Analyse von Gounaropoulos‘ Werk ist, betont Yorgos Mourelos, dass Gounaropoulos‘ Werk sich schwer in eines der bekannten Schubfächer der modernen Malerei einordnen lässt, denn es gehört zu keiner dieser Kategorien. Wollte man eine Charakterisierung versuchen, sollte man sich einen Begriff aus einem anderen Kunstbereich ausleihen und sie „poetische Malerei“ oder „traumhafte Malerei“ nennen.

Man könnte sagen, dass die Originalität seiner Kunst vor allem darin besteht, wie er das Licht auf der Bildfläche verteilt. Anstatt seine Objekte von außen zu beleuchten, wie es fast alle seine Vorgänger getan hatten, beleuchtet er sie von innen. Ein weiteres wesentliches Merkmal von Gounaropoulos‘ Zeichentechnik ist außerdem die fast absolute Dominanz der Kurve. Die Zeichnung nimmt die Form eines mit einem einzigen Strich gemachten Bild an, denn die Linie entwickelt sich durch ihre eigene Dynamik wie eine Melodie, die erst endet, wenn ihr Thema abgeschlossen ist. Die Dynamik von Gounaropoulos‘ Bildraum ist in seinen Bleistiftzeichnungen besonders auffällig. In Gounaropoulos‘ Zeichnungen gibt es nicht die geringste Spur von Affektiertheit, nicht das geringste Zeichen von mentaler Konstruktion. Dank der Transparenz seiner Zeichentechnik ist die Verbindung von Zeichnung und Licht so perfekt, dass sie zu einem untrennbaren Ganzen werden.

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© Gounaropoulos-Museum: (Links) G.G. Selbstporträt (Rechts) Der Kuss

Gounaropoulos‘ Stil war geprägt vom Post-Impressionismus, Symbolismus und Surrealismus sowie von seiner Faszination von der altgriechischen Mythologie. Seine ätherischen, lyrischen Gemälde umfassen Stillleben, Landschaften und Porträts, aber auch eine wichtige Serie von surrealistischen und atmosphärischen Akten. Sein Werk wird hoch geschätzt und seine Rolle ist von großer Bedeutung für die künstlerische Entwicklung der Generation der 30er Jahre. Geboren in Sosopol (eine in Bulgarien liegende Schwarzmeerstadt) als Sohn griechischer Eltern, zog Gounaropoulos 1906 mit seiner Familie nach Athen und studierte Malerei an der Athener Kunsthochschule (1907-1912) bei den Professoren und Vertretern der griechischen Münchner Schule Spyros Vikatos, Dimitrios Geraniotis, Georgios Roilos und Georgios Jakobides. Nach dem Erwerb eines Averoff-Stipendiums ging er 1919 nach Paris, wo er sein Studium an der Académie Julian und der Académie de la Grande Chaumière abschloss. Unter anderem erhielt er 1958 den internationalen Guggenheim-Preis, während seine Werke 1975 in einer Retrospektive in der griechischen Nationalgalerie – Alexandros Soutsos Museum gezeigt wurden.

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G. Gounaropoulos, Pferdekopf in Felsen/ © Gounaropoulos-Museum

1978 schenkte sein Sohn Elias Gounaropoulos das Atelier seines Vaters und vierzig Ölgemälde der Gemeinde Zografou, wo das Gounaropoulos-Museum entstand. 1990 erweiterte die Gemeinde das Museum um einen Neubau, der als Zentrum für Kunst und Kultur dient. Die ständige Sammlung des Museums umfasst mehr als vierzig der Ölgemälde und Zeichnungen des Künstlers, die in der Umgebung, in der sie entstanden, ausgestellt sind. Das Museum verfügt auch über einen modernen Galerieraum, in dem temporäre Ausstellungen, Vorträge, Seminare und andere kulturelle Veranstaltungen, einschließlich Aktivitäten für Kinder, stattfinden.

 

Originaltext: “Paying tribute to Gounaropoulos’ line art” in Greek News Agenda

s.d.

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