Maria Karamessini, Präsidentin der griechischen Arbeitsagentur (OAED) und Professorin für Arbeitsmarkttheorie und für den Wohlfahrtsstaat an der Athener Panteion Universität hat ein Interview an der griechischen Zeitung „Epochi“ gegeben.
Ein Teil des Interviews:
Vor einigen Wochen hat der Premierminister Alexis Tsipras in seiner Rede zur Lage der Wirtschaft in Thessaloniki betont, dass die Verringerung der Arbeitslosigkeit das soziale und politische Hauptziel einer linken Regierung ist. Ist dieses Ziel realisierbar?
Das Recht auf Arbeit und die Vollbeschäftigung waren schon immer ein Teil des politischen Projektes der Linke. In Griechenland insbesondere waren diese Themen ganz wichtig für das Syriza Programm, als die Arbeitslosigkeit massive Armut verursacht hatte. Zu Beginn der ersten Syriza Regierung wurden der Bekämpfung der humanitären Krise und der Unterstützung der von der Krise betroffenen sozialen Schichten Vorrang eingeräumt. Jetzt steht ein zweites Ziel im Vordergrund: die schnelle Verringerung der Arbeitslosigkeit. Mit der Hilfe der wachsenden Wirtschaft und der guten Entwicklung der Beschäftigung kann die Regierung realisierbare Ziele auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit setzen und noch versuchen, die Jobqualität zu verbessern.
Während der letzen zwei Jahre haben das Ministerium für Arbeit und die griechische Arbeitsagentur (OAED) versucht, die Arbeitslosigkeit zu begrenzen, aber bis vor kurzem waren die Ergebnisse dieses Versuchs nicht sichtbar. Das liegt daran, dass die Arbeitslosigkeit hauptsächlich von den Investitionen und dem wirtschaftlichen Wachstum bestimmt wird. Trotzdem können noch Beschäftigungsprogramme darauf Auswirkungen haben, indem sie neue Arbeitsplätze schaffen, die sich auf vom Markt nicht absorbierten Arbeitslosen richten. Um die Arbeitslosigkeit, die Armut und die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, ist es nicht ausreichend, Sachen nur dem Marktautomatismus zu überlassen.
Wie ist diese Bemühung gelaufen?
Was beeindruckend oder sogar paradox war, ist der 4% Anstieg der Beschäftigung zwischen den Jahren 2015-2016, als die Wirtschaft in Stagnation war. Die Sektoren, die dabei beigetragen haben, waren die Gastronomie, die Unterkunft, der Handel und die Gesundheit.
Die Opposition behauptet, dass der Beschäftigungszuwachs hauptsächlich am Zuwachs der Teilzeitbeschäftigung liegt.
Das stimmt. 50% der von Arbeitgebern in Ergani (OAED Datenbank) geworbenen Arbeitsstellen sind Teilzeitjobs. Ich will das Phänomen nicht unterbewerten, aber ich habe Bedenken was den aktuellen Prozentsatz betrifft, da Arbeit untererklärt wird. Um Geldstrafe für Schwarzarbeit zu vermeiden, erklären Arbeitgeber die Arbeit unter und müssen so niedrige Versicherungskosten bezahlen. Ich habe über dieses Phänomen mit Gewerkschaften und OAED Dienstleistungen diskutiert und sie stimmen auch zu.
Wie verschieden sind die OAED Programme im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Was wurde verändert?
Gemeinschaftsprogramme werden im Ministerium für Arbeit geplant und die Vizeministerin Frau Antonopoulou hat schon über die wichtigen Unterschiede gesprochen. Ein bedeutendes Merkmal ist, dass diese Programme das zukünftige Arbeitsleben der Beteiligten berücksichtigen, so dass die Möglichkeit für Training einbezogen ist. Darüber hinaus ist der Dauer der Beschäftigung von 5 zu 8 Monaten gestiegen. Das heißt, dass die Beteiligten später versorgungsberechtigt sind. Diese Programme sind auch auf komplexe Gruppen gezielt, wie z.B. ältere Menschen, die schwierig eingestellt werden, und Arbeitnehmer mit langfristigen Familienbelastungen.
Was die Beschäftigungspläne für den privaten Sektor betrifft, gab es auch enorme Veränderungen. Erstens haben wir die Vorgehensweise beendet, die bis heute gültig war, nämlich, dass Arbeitgeber Freunde oder Verwandte hatten, die schon für sie schwarz arbeiteten. Die Arbeitgeber haben sie dann eingetragen, um das Geld von OAED zu bekommen. Jetzt müssen die Arbeitslosen im OAED Datenbank für längere Zeit bleiben. Außerdem können alle Arbeitgeber auf die OAED Datenbank zugreifen und nach verschiedenen Lebenslaufen suchen, die ihren Anforderungen entsprechen. Sie können dann bis 10 Kandidaten auswählen, mit denen OAED später in Kontakt kommt und ihnen vorschlägt, ein Vorstellungsgespräch durchzugehen. Das kann als ein Motiv für die Arbeitslosen genutzt werden, damit sie sich beim OAED anmelden.
Also bis jetzt war OAED ausgewichen?
Bis jetzt ist kein Arbeitsloser zum OAED gekommen, um einen Job zu finden. Sie sind stattdessen mit ihren Freunden, Verwandten oder Bekannten in Kontakt gekommen. Wir möchten den Arbeitslosen die Chance geben, einen Job durch OAED zu finden und ihre Vorstellung von der Organisation zu verändern. Unser Ziel ist mehr freie Stellen und Beschäftigungsprogramme anzubieten. Wir bitten auch Arbeitgebern darum, nach ihrem Personal durch die OAED Datenbank zu suchen. Das ist eine radikale Kursänderung, die ganz aufwändig ist.
Ist das offizielle Ziel, die Arbeitslosigkeit bis 2018 unter 20% zu verringern, noch möglich?
Ja, es ist noch möglich. In den 2 letzten Jahren haben wir trotz des Nullwachstums und der Unsicherheit eine 1,5% Verringerung der Arbeitslosigkeit pro Jahr geschafft. 2016 wurde mit einer Arbeitslosenquote von 23,5% abgeschlossen. Falls wir in diesem Jahr eine Wachstumsquote von 1,8% schaffen, ist eine Verringerung der Arbeitslosigkeit bei 21,5 % wahrscheinlicher. Nach diesen Daten und nach Einschätzungen für ein höheres Wachstum ist das 20% Ziel realisierbar.