Expressionismus bezeichnet eine Kunstbewegung, die sich zunächst gegen die Strömung des Impressionismus richtete. Das lateinische Wort „expressio“ (Ausdruck), das der Bewegung ihren Namen gab, weist auf eine Kunst des gesteigerten Ausdrucks, wie man die Bezeichnung „Expressionismus“ übersetzen kann.

In der Malerei bemühten sich die Künstler in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts die eigenen, innere Gefühle unmittelbar zum Ausdruck zu bringen. Es ging jedoch nicht um eine rein äußerliche Betrachtung von Gefühlen. Auch nicht um den subjektiven Ausdruck des Künstlers, sondern um eine Innerlichkeit, die sich als Ziel setzte, den Betrachter innerlich zu bewegen und mitzureißen.

Es geht um elementare Erlebnisse, Empfindungen und Gefühle, die man mit Vehemenz und einer gewissen Traurigkeit exemplarisch darstellt. Die kräftige und spontane Farbgebung spielt die Hauptrolle und kontrastiert zu den eher groben Formen. Es wird durchaus nicht die naturgetreue Wiedergabe der Wirklichkeit gesucht, sondern ihr innerer Kern, wie man ihn empfindet und erlebt.  

Einer der bekanntesten expressionistischen griechischen Maler des vergangenen Jahrhunderts ist ohne Zweifel Jorgos Bousiánis. Er wurde in Athen während der Zeit von 1883 und 1885 geboren. Zunächst studierte er an der Athener Kunstakademie und siedelte dann im Jahr 1906 nach München über, wo er an der Akademie bei Otto Seitz studierte. Ab 1909 studierte er auch in Berlin bei Max Liebermann. Seit 1914 war er Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft, die sich später die „Münchner Sezession“ nannte.

Er lebte ab 1921 in der Umgebung von München, in Eichenau, mit seiner Frau und ihren gemeinsamen Sohn. Bousiánis malte eindrucksvolle Landschaftsbilder, Portraits, Selbstportraits, die ihn, gegen Ende des Ersten Weltkrieges bekannt gemacht haben. Zwanzig Jahre nach seiner Ankunft in Bayern wurde sein Werk, im Jahr 1927, mit einer großen Retrospektive in Chemnitz gewürdigt. Wie viele andere Künstler seiner Zeit ging er auch nach Paris, wo er nur wenige Jahre blieb, weil ihm der Durchbruch nicht gelingen konnte. Der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland, der jede moderne Kunstrichtung als „entartete Kunst“ bezeichnete und die Hoffnung, dass er an der Athener Kunstakademie eine Stelle bekommen würde, bewegten Bousiánis 1934 nach 28 Jahren im Ausland nach Athen zurückzukehren, wo er fortan bis zum seinen Tod lebte.    

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Seine Hoffnungen wurden nicht erfüllt. Er bekam die Stelle nicht. Er blieb ein Leben lang arm, aber seinen Idealen treu. Er vertrat Griechenland im Jahr 1950 auf der Biennale in Venedig und malte bis zum Schluss leidenschaftlich. Er starb in Athen am 22. Oktober 1959, verkannt und vergessen. Sein Haus im Athener Vorort Dáfni wurde Jahrzehnte später in ein Museum umgewandelt. Heute genießt er allerdings einen besseren Ruf, nicht nur als ein großer Maler, sondern als ein unnachgiebiger Künstler mit tiefer Geistigkeit und ungekünstelter Menschlichkeit. Seine Werke befinden sich heute in der Nationalgalerie in Athen sowie in vielen Museen in Griechenland und der ganzen Welt.  

(AL)