Der weltberühmte Arzt und Biologe Georgios Papanicolaou wurde in der kleinen Stadt Kimi auf Euböa am 13. Mai 1883 geboren. Er war nur 15 Jahre alt, als er sein Medizinstudium an der Athener Medizinischen Fakultät beginnen durfte. Sechs Jahre später konnte er das Studium abschließen.

Sein Vater war Arzt. Das spielte gewiss eine große Rolle, denn er erkannte die enormen Fähigkeiten, den wissenschaftlichen Eifer, aber auch die stille, meditative Natur seines Sohnes. Nach dem medizinischen Studium in Athen kehrte Georgios Papanicolaou nach Kimi zurück, wo er drei Jahre verbrachte, vornehmlich mit literarischen und philosophischen Studien. Sein Lieblingsphilosoph war Friedrich Nietzsche, der in jener Zeit anfing, bekannt zu werden. Er erwarb auch gute deutsche Sprachkenntnisse, so dass er im Jahr 1907 nach Deutschland ging, um weiter zu studieren. Er studierte Biologie und Philosophie in Jena, Freiburg und München und schloss im Jahr 1910 das Philosophiepromotionsstudium an der Münchner Universität ab.

Erneut nach Griechenland zurück, musste er bald feststellen, dass sein Heimatland ihm nicht mehr das geben konnte, wonach er suchte: Ein Leben, das der wissenschaftlichen Forschung gewidmet ist. Seinen Eltern erklärte er den Entschluss ins Ausland zu gehen, mit den Worten: „Mein Ideal besteht nicht darin, reich zu werden oder glücklich zu leben, sondern zu arbeiten, zu handeln und etwas zu schaffen“.

Die erste Station der erneuten Auswanderung zusammen mit seiner Frau Andromachi Mavrogenis war Monaco. Doch im Jahr 1912 kehrte er wieder nach Griechenland zurück, um an den Balkankriegen teilzunehmen. Erst dann emigrierte er mit seiner Frau endgültig in die USA, wo er bis zu seinem Tod blieb.

Die erste Zeit in den USA war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Es gelang ihm jedoch im Jahr 1914, als in Europa der Erste Weltkrieg ausbrach, eine Stelle am Medical College der Cornell University in New York zu finden, wo er dann bis 1961 lehrte und forschte und alle Titel der akademischen Hierarchie erlangte. Hier konnte er ungestört seine in Deutschland begonnene Forschungsarbeit fortsetzen. Die 1920er Jahre waren die schwierigsten, aber auch die fruchtbarsten, da es ihm gelungen ist, die ersten klinischen Laborstudien zum diagnostischen Wert der zytologischen Untersuchung von Vaginalabstrichen bei Frauen zu erarbeiten. Das wegweisende zytodiagnostische Verfahren von „Dr. Pap“ und „Pap-Test“ (Papanikolaou-Test), das nach und nach entwickelt wurde, rettete das Leben von vielen Frauen weltweit, da er als erster den Gebärmutterhalskrebs diagnostizieren konnte.

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Das Papanicolaou Cancer Research Institut in Miami, Florida

Im Jahr 1961 verließ er, nach fast einem halben Jahrhundert New York, und ließ sich in Miami nieder. Während der 50jährigen Forschungstätigkeit unternahm er nur einmal eine Reise im Jahr 1957 nach Europa. Er besuchte Griechenland und seinen Geburtsort Kimi auf Euböa, wo er eine glückliche Kindheit verbracht hat.

In Miami übernahm er trotz seines hohen Alters die Organisation und die Leitung des dortigen Cancer Institut. Ein Jahr später starb Georgios Papanicolaou.

Wenig später wurde das Cancer Institut in „Papanicolaou Cancer Research Institut“ umbenannt. Eine Gedenktafel erinnert immer noch heute an den Mann, der „vielen Millionen Frauen auf der ganzen Welt das Leben geschenkt hat“. Georgios Papanicolaou verband das enorme wissenschaftliche Wissen mit dem Ethos eines würdevollen, sanften und demütigen Menschen. Auch wenn ihm Unrecht zugefügt wurde, blieb er gelassen. So auch als er, trotz der beharrlichen Unterstützung von vielen ausländischen und griechischen Forschern und Wissenschaftlern, den Nobelpreis für Medizin zum Schluss nicht bekam.

Georgios Papanicolaou hat ein umfangreiches wissenschaftliches Werk hinterlassen, das aus fünf Büchern und 158 Aufsätzen besteht (s. auch https://www.dr-pap.com/). Besonderer Erwähnung bedarf der „Atlas der exfoliativen Zytologie“, der zu den Standardwerken der medizinischen Literatur des vorigen Jahrhunderts gehört. Die Exfoliativzytologie wird unter anderem im Rahmen der individuellen Krebsvorsorge, zur Therapieverlaufskontrolle, bei Reihenuntersuchungen von Risikopatienten und zur Abklärung tumorverdächtiger Veränderungen eingesetzt.

Georgios Papanicolaou wurde im Laufe seines Lebens mit vielen Auszeichnungen geehrt. Auch die Athener Akademie hat ihm die höchste Ehrenauszeichnung verliehen. Nach seinem Tod wurde er mit dem Preis der Vereinten Nationen ausgezeichnet. Er starb am 19. Februar 1962 in Miami, Florida.