Ioannis Faitakis war der erste bildende Künstler (Maler, Schüler von Giannis Moralis an der Athener Hochschule für bildende Künste, ASKT), der die Technik der Wandteppiche revolutionierte, eine Kunst mit ganz besonderen technischen Spezifikationen. In den 60er Jahren studierte Faitakis mit einem Royal Welfare-Stipendium die besondere Kunst der Wandteppiche in Frankreich und unternahm nach seiner Rückkehr die Einrichtung eines speziellen Tapisserie-Studios. Faitakis wird heute als der „Vater“ des griechischen Wandteppichs allgemein anerkannt.
Giannis Moralis, Ohne Titel (Wandteppich)
Die Ausstellung „Weaves again“ ist eine neue Herangehensweise an die Ausstellung mit dem Titel „Weaves“, die 2019 im Benaki Museum mit großem Erfolg präsentiert wurde. Sie ist gleichzeitig die willkommene Gelegenheit, eine Geschichte neu zu lesen, welche das Handwerk mit großer Kunst vereint hat.
In den Räumlichkeiten des MOMus (Museum of Contemporary Art – Collections of the Macedonian Museum of Contemporary Art und des State Museum of Contemporary Art) in Thessaloniki sind die Wände neu gestrichen, um die Werke bedeutender griechischer Künstler willkommen zu heißen. Die Ausstellung erzählt die aufschlussreiche Geschichte einer Kunst, die heute in Vergessenheit geraten ist.
Ioannis Faitakis, Landschaft
In dieser besonderen Ausstellung sind einige der größten griechischen Maler des vergangenen Jahrhunderts, aber auch heute lebende Künstler vertreten: George Vakalo, Spyros Vassileiou, Opy Zouni, Niki Kanagini, Michalis Katzourakis, Vasso Katraki, Costas Koulentianos, Giannis Moralis, Alex Mylonas, Dimitris Mitaras, Nikos Nikolaou, Sotiris Sorogas und viele andere. Große Namen, die die griechische Malerei prägten und die mit ihrem Werk es ermöglichen, die Experimente griechischer Maler und die Geschichten, die hinter jedem gewebten Kunstwerk stecken, zu entdecken und neu zu sehen.
Die Bedeutung dieser besonderen Ausstellung ist in erster Linie historisch. Sie präsentiert einen Aspekt der griechischen Kunstgeschichte – kurzlebig, aber nützlich, ästhetisch und technisch wertvoll und sicherlich etwas ganz Besonderes. Der rote Faden, der sich durch diese Ausstellung zieht, verbindet die Malerei mit ihrer Anwendung zu einem nützlichen und dekorativen Objekt. Sie verbindet Künstlerinnen und Künstler mit gemeinsamen Interessen, die sich sowohl an Traditionen als auch an modernistischen Ansprüchen orientieren.
Zum Stellenwert der Tapisserie in der griechischen Kunst schreibt der bedeutende Maler Giannis Tsarouchis (1910-1989) in seinem Artikel in der Zeitschrift „Zygos“ mit dem Titel „Die Tapisserie und die Maler“ unter anderem: „Es wäre nicht unfair zu sagen, dass die Tapisserie ein dekoratives Gemälde ist, normalerweise mit Fäden und Schiffchen und nicht mit Pinseln und Farben hergestellt. Es ist etwas Ähnliches wie die Malerei mit Steinwürfeln oder Emaille, die das Mosaik ist. Der Weber muss normalerweise das Gemälde, das er webt, in der Sprache des Webens interpretieren“.
Wenige Jahre später bezeichnete die Eigentümerin der Galerie „New Forms“ Julia Dimakopoulou, welche Wandteppiche griechischer Maler ausstellte, in einem ebenfalls in „Zygos“ erschienenen Artikel, Tapisserien als eine Technik der originalgetreuen Reproduktion eines Kunstwerks: „In diesem Bemühen, die Kunst einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen, müssen wir Werke einbeziehen, die in verschiedenen Formen –Lithographie, Siebdruck– in Serie produziert werden, und zwar nach verschiedenen Wegen der originalgetreuen Reproduktion eines Kunstwerks“.
Alex Mylonas, Ohne Titel
Die Kunsthistorikerin Natalia Mitsioni geht zurück auf die Geschichte der Wandteppiche und schreibt, dass sich ihre Kunst zwischen bildender Kunst und Kunsthandwerk bewegt: „Vor seiner Wiederbelebung im zwanzigsten Jahrhundert sollte der Wandteppich neben seiner ästhetischen Wirkung hauptsächlich die kalten Wände der gotischen Mauern und dann der Renaissance-Paläste erwärmen. Seine Wiederbelebung im 20. Jahrhundert und seine Verbindung mit der modernen Kunst und den Künstlern der Zeit haben seinen Status aufgewertet“.
Ist diese Kunst heute verloren gegangen? Die Kuratorin der Ausstellung Frau Aretí Leopoulou sagte neulich einer griechischen Wochenzeitschrift: „Sie ist nicht gerade verloren gegangen, weil sie glücklicherweise praktisch gerettet ist. Sie wurde historisch und kulturell einfach nicht vollens gewürdigt. Sicherlich war in den 90er Jahren ein allgemeiner Rückgang des Interesses an dem, was wir ein „handwerkliches Produkt“ nennen, zu verzeichnen. Ich muss jedoch zugeben, dass sich die Situation und das Interesse des Staates sehr deutlich verbessert haben“.
Titel der Ausstellung: „Webt wieder!“
MOMus – Museum für zeitgenössische Kunst. Aus den Sammlungen des Makedonischen Museums für zeitgenössische Kunst und des Staatlichen Museums für zeitgenössische Kunst (HELEXPO). Bis zum 27. März 2022. www.momus.gr
Introbild: Giannis Tsarouchis, Die Winde (Wandteppich), 1965, Alpha Bank Collection