Τhukydides schrieb die Geschichte des Peloponnesischen Bürgerkrieges zwischen Athen und Sparta (431- 404 v. Chr.). Der Krieg endete mit der totalen Niederlage von Athen und er beendete das Goldene Zeitalter von Perikles. Unter anderen Grausamkeiten, die damals erfolgten, ist es folgendes Ereignis/Episode zwischen Athen und Melos zu beachten, weil es bei diesem Ereignis um das Gleichgewicht zwischen Macht und Recht geht und weil es als Vorbild einer zynischen Politik, des sogenannten Rechtes des Stärkeren (Realpolitik) dient. Aus diesem Grund ist der Text zeitlos und von großer Bedeutung, weil er nicht nur vom historischen, sondern auch vom politischen Wert ist. [Buch V. Kap. 84-116]
Während des Krieges zwischen Athen und Sparta, hatte Melos bevorzugt, neutral zu bleiben. Diese Entscheidung hat den Athenern überhaupt nicht gefallen. Jede Art von Widerstand der Melier wurde von Anfang an von den Athenern als Alternative ausgeschlossen, die inmitten Verhandlungen mit unglaublichem Zynismus erklärten: «Recht könne nur zwischen gleich Starken gelten, bei ungleichen Kräfteverhältnissen tue der Starke, was er könne, und erleide der Schwache, was er müsse […] Es sei des Menschen Natur, zu herrschen – und die Melier würden dasselbe tun, wenn sie die Macht hätten». Kurz nach der Ablehnung der Melier, sich freiwillig den Athenern zu unterwerfen, verkauften die Athener Frauen und Kinder der Melier in die Sklaverei, ermordeten alle erwachsenen Männer und belagerten unverzüglich die Insel.
Es stellt sich die Frage: Was treibt die Großmächte (in diesem Falle Athen) bis zum Völkermord und zur totalen Vernichtung ihrer Gegner? Steht die imperialistische Unvernunft und der ungezügelte Herrschaftsanspruch in vollem Einklang mit der menschlichen Natur? Hat sich die Politik im Laufe der Zeit, nach zweieinhalb Jahrtausenden, verändert?