Dank seiner vorteilhaften geographischen Lage galt Griechenland seit langem als Treffpunkt von verschiedenen Zivilisationen und Kulturen, die ihre Spuren überall hinterlassen haben: in der Architektur von Bauwerken und Siedlungen, in der Miniaturkunst, im Alltagsleben, in den Essgewohnheiten und in allen Bereichen der Volkskunst. Das Land verfügt daher heute über eine Vielfalt von Denkmälern und ist auf der UNESCO – Liste des Welterbes mit 17 Welterbestätten vertreten. GR Aktuell hat bisweilen Sonderartikel über den Apollotempel von Bassae (s. „Unbekanntes Griechenland: Das besondere Erlebnis Nr. 8“), das Kloster von Hosios Lukas bei Delphi (s. „Unbekanntes Griechenland: Das besondere Erlebnis Nr. 37) und die mittelalterliche Stadt von Rhodos (s. „Die historischen Gebäude Griechenlands – Die Insel Rhodos“) veröffentlicht. Bei dieser Einheit werden die übrigen griechischen Welterbestätte präsentiert.
Die Insel
Samos ist eine der schönsten Inseln der südöstlichen Ägäis und gehörte in der Antike zu den wichtigsten Städten der damals bekannten Welt. Eine Blütezeit erlebte Samos in der Mitte des 6. Jahrhunderts, als sie zur führenden Seemacht geworden war. Damals unterhielt die Insel ausgedehnte Handelsbeziehungen mit dem benachbarten Kleinasien und den Mittelmeerländern, und hat Kolonien an der Küste von Ionia, Thrakien und dem Westen gegründet. Die antike Stadt von Samos lag im heutigen Standort von Pythagorion und war der Anbetungsort der olympischen Göttin Hera. Die Ausgrabungen in der Gegend beweisen, dass das
Heraion ein Heiligtum mit weltweitem Ruf war, zu dem Besucher aus der ganzen damals bekannten Welt (Ägypten, Syrien, Assyrien, Babylon, Mesopotamien, Persien, Phönizien, Laconia, Attika, Kreta, Zypern) strömten. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der archäologischen Stätte von Heraion, die 1992
in die UNESCO-Liste des Welterbes aufgenommen wurde, sind der Tempel von Hera, der große Altar und die Heilige Straße.
Der Tempel von Hera war ein ionischer dipteraler Tempel, der während der Tyrannei des Polykrates (538 – 522 v. Chr.) errichtet wurde. Von diesem ist nur das Fundament bis zur Basis der Wände und eine Säule bis zur Hälfte ihrer einstigen Höhe erhalten geblieben.
Laut dem bekannten griechischen Historiker Herodotus war Heraion der größte Tempel Griechenlands. Er verfügte über 155 Säulen von vier verschiedenen Größen und Arten und sein Gebälk und Dachstuhl waren aus Holz gearbeitet. Da keine Dachziegel gefunden wurden, geht man davon aus, dass das ehrgeizige Tempelprojekt von Polykrates niemals vollendet wurde.
Der monumentale Hera – Altar, zu dem der Göttin Tiere als Brandopfer dargebracht wurden, wurde 560 v. Chr. zusammen mit dem riesigen Tempel von Rhoikos und Theodore errichtet.
Höchstwahrscheinlich hatte er die Form eines offenen Hofs rund um den Hauptopferaltar, der von einer Schutzmauer umgeben war. Die Mauer endete an prächtigen Kymatien und wurde mit einem Relieffries geschmückt. Der Altar wurde während der Kaiserzeit (1. – 2. Jh. n. Chr.) erneut aus Marmor umgebaut.
Zum Hera-Heiligtum führte bereits seit dem 6. Jh. v. Chr. von der antiken Stadt Sámos aus eine heilige Straße, entlang deren beeindruckende Denkmäler (Geschenke) gesetzt wurden, denn sie war der Haupteingang des Heiligtums.
Typische Beispiele solcher Geschenke waren die zwei riesige Marmorstatuen von Jugendlichen (Kouren), die dort gefunden wurden, sowie die Verfassung von Geneleo, eine Kopie von deren liegt an der nördlichen Seite der Strasse. Bei den Ausgrabungen, die 1980 auf der Suche nach dem Haupteingang des Heiligtums stattfanden, wurde ein enormer Kouros gefunden, der heute im Museum von Samos zu sehen ist. (Art.S.)